Leitsatz
Leistet der Kommanditist zusätzlich zu der im Handelsregister eingetragenen Pflichteinlage eine weitere Sacheinlage, so kann er im Weg einer negativen Tilgungsbestimmung die Rechtsfolge herbeiführen, dass die Haftungsbefreiung nach § 171 Abs. 1 2. Halbsatz HGB nicht eintritt. Das führt dazu, dass die Einlage nicht mit der eingetragenen Pflichteinlage zu verrechnen ist, sondern im Umfang ihres Werts die Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos verhindert und auf diese Weise nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zur Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit von Verlusten führt.
Normenkette
§ 15a EStG, § 171 Abs. 1 HGB, § 362 BGB
Sachverhalt
Ein Kommanditist hatte seine Haft- und Pflichteinlage i.H.v. 520 000 DM noch nicht erbracht. Die auf ihn entfallenden Verlustanteile wurden bis zur Höhe der Hafteinlage als ausgleichsfähig behandelt. Die weitergehenden Verlustanteile wurden als verrechenbar i.S.d. § 15a EStG gesondert festgestellt. Der Kommanditist übertrug später eine ausländische Eigentumswohnung mit einem Teilwert von 600 000 DM gegen Erhöhung des variablen Kapitalkontos II auf die KG. Die Forderung auf Leistung der Kommanditeinlage wies die KG weiter in ihrer Bilanz aus.
Das FA war der Meinung, mit der Einlage der Wohnung sei die Hafteinlageverpflichtung erfüllt worden. Das Verlustausgleichsvolumen i.S.d. § 15a EStG erhöhe sich deshalb in Höhe des Hafteinlagebetrags nicht. Nur in Höhe des überschießenden Betrags erkannte das FA die auf den Kommanditisten entfallenden Verlustanteile des Einlagejahrs als ausgleichsfähig an.
Hiergegen klagte die KG und hatte damit bei dem FG Erfolg (EFG 2005, 1431).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorinstanz. Das FG habe die Einlage als zusätzliche Zuführung von Eigenkapital verstehen dürfen.
Hinweis
1. Der Besprechungsfall zeigt eine Möglichkeit auf, das Verlustausgleichsvolumen eines Kommanditisten über die Hafteinlage hinaus zu erhöhen, ohne die Hafteinlage tatsächlich geleistet zu haben.
a) Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG kann der beschränkt haftende Gesellschafter Verlustanteile nur bis zur Höhe seiner geleisteten Einlage nutzen. Wird die Hafteinlage des Kommanditisten nicht geleistet, kann ein Verlustanteil nach Satz 2 der Vorschrift ebenfalls bis zur Höhe der Hafteinlage genutzt werden. Das Gesetz will damit der handelsrechtlichen Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB Rechnung tragen.
b) Sind die Verluste nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG in Höhe der ausstehenden Hafteinlage genutzt, führt die spätere Leistung dieser Einlage nicht dazu, dass sich das Verlustausgleichspotenzial erhöht. Denn die Zahlung führt zum Wegfall der Haftung und damit zu einem Gewinn nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG, der gleichzeitig durch die Ausgleichsfähigkeit des Verlusts nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG kompensiert wird. Den Verlust bis zur Höhe der Hafteinlage kann man eben nur einmal nutzen.
c) Erbringt man hingegen eine im Innenverhältnis vereinbarte zusätzliche Einlage über die Hafteinlage hinaus, entsteht in der betreffenden Höhe nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zusätzliches Verlustausgleichspotenzial.
2. Anders als die Finanzverwaltung sieht der BFH in einer solchen kreativen Gestaltung keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten. Schließlich trägt der Kommanditist zivilrechtlich die vollen Konsequenzen aus der Gestaltung: Einerseits haftet seine zusätzliche Einlage für die Schulden der Gesellschaft, andererseits muss er zusätzlich persönlich bis zur Höhe der Hafteinlage für Schulden der Gesellschaft einstehen. Über diese Folgen muss man sich klar sein, wenn man sein Verlustausgleichsvolumen mittels derartiger Gestaltungen erhöhen will.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.10.2007, IV R 38/05