Leitsatz
Eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, die neben ihren nicht unternehmerischen Tätigkeiten auch unternehmerische Tätigkeiten ausübt, bezieht sog. Katalogleistungen i.S.d. § 3a Abs. 4 UStG 1999 selbst dann als Unternehmerin (§ 3a Abs. 3 S. 1 UStG 1999), wenn sie diese nur für ihre nicht unternehmerischen Zwecke verwendet.
Normenkette
§ 3a Abs. 3 und Abs. 4, § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 2 Abs. 3 UStG 1999, Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1, Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine inländische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt. Neben der Erfüllung ihres hoheitlichen Programmauftrags ist sie auch unternehmerisch tätig. Sie bezog im Rahmen ihres hoheitlichen Programmauftrags von Rundfunkanstalten mit Sitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 4 UStG (sog. Katalogleistungen). In den Rechnungen über diese Leistungen war die USt gesondert ausgewiesen.
Das FA setzte die USt für diese Leistungen in dem USt-Bescheid für das Jahr 2002 gegenüber der Klägerin als der Leistungsempfängerin fest.
Das FG gab der Klage statt: Die Klägerin sei nicht Steuerschuldnerin i.S.d. § 13b Abs. 2 S. 1 UStG, weil sie die Leistungen für ihre im öffentlich-rechtlichen Bereich liegende Tätigkeit und damit nicht als Unternehmerin i.S.d. § 3a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 UStG bezogen habe (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.08.2006, 6 K 2991/03, Haufe-Index 1575901, EFG 2006, 1709).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage durch den BFH:
Nach dem Wortlaut des § 3a Abs. 3 S. 1 UStG reiche es aus, dass der Leistungsempfänger überhaupt Unternehmer sei. Der BFH hat sich mit dieser Auslegung auch deshalb leicht getan, weil aufgrund des – erst nach der Entscheidung des FG ergangenen – EuGH-Urteils vom 06.11.2008 nur diese Auffassung im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht steht.
Hinweis
1. Ob eine inländische Rundfunkanstalt die USt für sonstige Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 4 UStG (sog. Katalogleistungen), die sie von ausländischen Rundfunkanstalten bezogen hat, schuldet, ergibt sich erst aus einem Zusammenspiel mehrerer Vorschriften:
- Nach § 13b Abs. 2 S. 1 UStG schuldet der Leistungsempfänger (und nicht der Leistende) die Steuer in den in Abs. 1 der Vorschrift aufgeführten Fällen, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Nach § 13b Abs. 2 S. 2 UStG gilt dies auch, wenn die Leistung für den nicht unternehmerischen Bereich bezogen wird.
- § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG betrifft "steuerpflichtige Umsätze" in Form von Werklieferungen und sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers. Ein steuerpflichtiger Umsatz liegt vor bei einer Lieferung oder sonstigen Leistung, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).
- An welchem Ort sonstige Leistungen erbracht werden, ist in § 3a UStG geregelt. Sonstige Leistungen werden grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 UStG). Danach läge der Ort der Leistung im Besprechungsfall im Ausland.
Abweichend davon bestimmt aber § 3a Abs. 3 S. 1 UStG:
"Ist der Empfänger einer der in Abs. 4 bezeichneten sonstigen Leistungen ein Unternehmer, so wird die sonstige Leistung abweichend von Abs. 1 dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt."
2. Danach hängt die Entscheidung, ob eine im Inland ausgeführte Leistung vorliegt, davon ab, ob der inländische Leistungsempfänger ein Unternehmer ist.
Ist der Leistungsempfänger – wie im Besprechungsfall – sowohl hoheitlich als auch unternehmerisch tätig, stellt sich die Frage, ob es im Rahmen des § 3a Abs. 3 UStG ausreicht, dass der Leistungsempfänger überhaupt ein Unternehmer ist, oder ob die Vorschrift dahin auszulegen ist, dass die Leistungen für den unternehmerischen Bereich bezogen werden müssen.
Nach dem Wortlaut des § 3a Abs. 3 S. 1 UStG reicht es aus, dass der Leistungsempfänger überhaupt Unternehmer ist. Denn anders als § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG setzt die Vorschrift nicht voraus, dass der Empfänger die Leistung "für sein Unternehmen" bezieht.
Die wortlautgemäße Auslegung führt auch zu einem systematisch befriedigenden Ergebnis. Denn sie steht mit § 13b Abs. 2 S. 2 UStG im Einklang, der ausdrücklich bestimmt, dass es nicht darauf ankommt, ob der Unternehmer die Leistung für seinen unternehmerischen oder nicht unternehmerischen Bereich bezieht.
3. Die wortlautgemäße Auslegung ist auch nach dem Gemeinschaftsrecht geboten. § 3a Abs. 3 und 4 UStG beruhen auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL. Zu dieser Bestimmung hat der EuGH mit Urteil vom 06.11.2008, Rs. C-291/07, Kollektivavtalsstifelsen TRR Trygghetsrädet (BFH/NV 2009, 109), im Weg des Vergleichs mit dem Wortlaut anderer Bestimmungen der 6. EG-RL entschieden, es reiche aus, dass der Leistungsempfänger überhaupt Unternehmer sei und es sei nicht erforderlich, dass die Leistungen für die unternehmerische Tätigkeit bezogen würden.
Eine solche Auslegung erleichter...