Haufe-Lexware GmbH & Co. KG Redaktion
15.1 Was passiert, wenn sich Unternehmen nicht an das Gesetz halten?
Kommen Unternehmen ihren Pflichten zur Risikoanalyse, zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, zu Präventionsmaßnahmen und zu dem wirksamen Abstellen von bekannten Menschenrechtsverstößen nicht nach, drohen Bußgelder von bis zu 8 Mio. EUR oder bis zu 2 % des Jahresumsatzes. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt nur für Unternehmen mit mehr als 400 Mio. EUR Jahresumsatz.
Ebenso können Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, ab einem verhängten Bußgeld von einer bestimmten Mindesthöhe (Schwellenstufe je nach Schwere des Verstoßes: 175.000 EUR bzw. 1,5 Mio. EUR, 2 Mio. EUR, 0,35 % des Jahresumsatzes) innerhalb von bis zu 3 Jahren von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Dafür wird das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mit effektiven Durchsetzungsinstrumenten und weitgehenden Kontrollbefugnissen ausgestattet, um das Lieferkettenmanagement der Unternehmen zu überwachen.
15.2 Werden deutsche Unternehmen künftig für ihre Zulieferer haftbar gemacht?
Nein, es gibt keine Haftung für das Verhalten Dritter in der Lieferkette.
15.3 Müssen Unternehmen grundsätzlich haften, wenn es zu Menschenrechtsverletzungen kommt?
Das LkSG selbst bewirkt keine Änderungen der bestehenden Haftungsgrundlagen. Bereits heute aber können etwa Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer im Ausland vor deutschen Gerichten auf Schadensersatz klagen, wenn sie sich durch ein deutsches Unternehmen in ihren Rechten verletzt sehen. Allerdings wird dann das Recht des Landes angewandt, in dem der Schaden eingetreten ist.
Neu im Gesetz ist, dass Betroffene künftig die Möglichkeit haben, inländische Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen (NRO) für die Führung von Zivilprozessen als Prozessstandschafter zu ermächtigen. Die Prozessstandschaft ist ein prozessuales Hilfsmittel. Sie greift, wenn es um eine mögliche Verletzung überragend wichtiger Rechtspositionen aus § 2 Abs. 1 des LkSG, etwa Leib und Leben, geht. In den jeweiligen Verfahren kommt weiterhin das Recht des Ortes zur Anwendung, an dem der Schaden eingetreten ist, also in aller Regel ausländisches Recht.
15.4 Kann das Gesetz bewirken, dass deutsche Unternehmen sich aus Entwicklungsländern zurückziehen?
Im Gesetz ist ausdrücklich der Grundsatz "Befähigung vor Rückzug" verankert. Unternehmen werden ermutigt, sich nicht aus Regionen mit schwachen Standards zurückzuziehen, sondern sich vor Ort gemeinsam mit ihren Zulieferern oder innerhalb der Branche um eine Risikominimierung zu bemühen. So erhalten sie rechtliche Sicherheit gerade im Umgang mit Zulieferern, die menschenrechtlichen Risiken noch nicht angemessen entgegentreten.
Auch bei schweren Menschenrechtsverstößen ist ein Abbruch der Geschäftsbeziehung nur geboten, wenn die folgenden Faktoren gegeben sind:
- schwerwiegende Verletzung oder Verstoß,
- Versuche der Risikominderung scheitern innerhalb der festgelegten Zeit,
- es stehen keine anderen milderen Mittel zur Verfügung und
- die Erhöhung des Einflussvermögens ist nicht aussichtsreich.
Allein der Umstand, dass ein Land die vom LkSG in Bezug genommenen internationalen Übereinkommen nicht ratifiziert hat, erfordert keine Beendigung der Geschäftsbeziehung.