Rangzahl und Präferenz
Nachdem nun die Teilnutzenwerte für alle Versuchspersonen vorliegen, stellt sich die Frage nach der betriebswirtschaftlichen Interpretation der Ergebnisse. Hierbei ist zunächst in Erinnerung zu rufen, dass eine niedrige Rangzahl bei der Bewertung durch eine Versuchsperson eine hohe Präferenz bedeutet, während eine hohe Rangzahl einer niedrigen Präferenz entspricht. Dies bedeutet für die betriebswirtschaftliche Interpretation der Teilnutzenwerte bij, die ja gerade die Regressionskoeffizienten im linearen Modell
darstellen, dass ein negativer Teilnutzenwert dazu beiträgt, den geschätzten Rangwert zu verkleinern, während ein positiver Teilnutzenwert den geschätzten Rangwert vergrößert. Folglich ist bei der Interpretation der Teilnutzenwerte das Vorzeichen umzukehren, d.h., eine Ausprägung mit negativem Vorzeichen trägt stark zu einer hohen Präferenz bei, während eine Ausprägung mit einem positiven Vorzeichen zu einer niedrigen Präferenz führt.
Ermittlung der Präferenzen
Im Beispiel Pausenriegel besitzen somit folgende Ausprägungskombinationen von Eigenschaften für die drei Versuchspersonen eine besonders hohe Präferenz:
Versuchsperson 1: |
Süßriegel mit Schokoladengeschmack in Folienverpackung, denn es gilt: b11 = - 1,25; b22 = - 0,25; b32 = - 1,75 |
Versuchsperson 2: |
Süßriegel mit Fruchtgeschmack in Folienverpackung, denn es gilt: b11 = - 0,75; b21 = - 0,50; b32 = - 2,00 |
Versuchsperson 3: |
Süßriegel in Folienverpackung mit Schokoladen- oder Fruchtgeschmack, denn es gilt: b11 = - 0,75; b11 = 0,00; b32 = - 1,50 |
Dies sind die bevorzugten Stimuli der Versuchspersonen, die sich aufgrund der negativen Vorzeichen der jeweiligen Teilnutzenwerte ergeben. Auffällig hierbei ist das Resultat für die dritte Versuchsperson: Der Teilnutzenwert für die zweite Eigenschaft, dem Geschmack, wird der Wert null zugeordnet, sodass für diese Person bei der Präferenzbildung die Geschmackseigenschaft keine Rolle spielt.
Gewichtung von Eigenschaften
Die Conjoint-Analyse liefert aber nicht nur die bevorzugte Kombination von Eigenschaftsausprägungen für jede Versuchsperson, sondern sie ist auch in der Lage, für jede untersuchte Eigenschaft Gewichtungen für die Präferenzentscheidungen zu berechnen, die es erlauben, für jede Versuchsperson den Einfluss der verschiedenen Eigenschaften auf die Urteilsfindung zu bewerten. Den wichtigsten Ansatz in der Praxis stellen hierfür relative und normierte Wichtigkeiten der untersuchten Eigenschaften dar. Die relative Wichtigkeit einer Eigenschaft aus den Teilnutzenwerten ihrer Ausprägungen bestimmt sich durch die Gleichung:
für alle i Eigenschaften, während die normierten Wichtigkeiten eine Prozentzahl darstellen und somit einen Vergleich der Wichtigkeiten der Eigenschaften zwischen den verschiedenen Versuchspersonen erlauben:
für alle N Eigenschaften.
Beispiel
Für die drei Versuchspersonen im Beispiel Pausenriegel ergeben sich folgende Ergebnisse für die Wichtigkeiten der Eigenschaften (s. Tabelle 9):
Versuchsperson |
Wichtigkeiten |
Nährwert |
Geschmack |
Verpackung |
1 |
Relative Wichtigkeit Normierte Wichtigkeit |
2,5 38 % |
0,5 8 % |
3,5 54 % |
2 |
Relative Wichtigkeit Normierte Wichtigkeit |
1,5 23 % |
1,0 15 % |
4,0 62 % |
3 |
Relative Wichtigkeit Normierte Wichtigkeit |
1,5 33 % |
0 0 % |
3 67 % |
Tab. 9: Relative und normierte Wichtigkeit
Als wichtigstes Ergebnis lässt sich somit ableiten, dass bei allen Versuchspersonen die Verpackung das stärkste Gewicht bei der Präferenzbildung mit einer normierten Wichtigkeit zwischen 54 und 67 % besitzt, gefolgt vom Nährwert. Der Geschmack besaß für alle Versuchspersonen den geringsten Einfluss bei der Beurteilung, obwohl sein Gewicht sich im Bereich von 0 bis 15 % bewegte. Für die Versuchsperson 2 besitzt der Geschmack sogar eine fast ähnlich starke Wichtigkeit wie der Nährwert. Aus dem Beispiel wird darüber hinaus deutlich, dass die Conjoint-Analyse zwar in der Lage ist, den Einfluss von Eigenschaften auf die individuelle Entscheidungsfindung von Versuchspersonen herauszuarbeiten und zu bewerten. Es bleibt aber die Frage nach einem Gesamtbild für den Markt bestehen, das noch aus den unterschiedlichen individuellen Resultaten der Versuchspersonen zusammengefügt werden muss.