Im Gegensatz zu der direkten Zuordnung zum Produkt können Gemeinkosten nicht soweit detailliert werden, dass sie direkt verrechnet werden können. So ist z. B. die Zurechnung eines Fabrikgebäudes zu einem Produkt nur dann möglich, wenn darin nur ein einziges Produkt gefertigt wird. Das Gleiche gilt für Maschinen, Fahrzeuge oder Personal, das nicht direkt dem Fertigungsprozess zugeordnet ist.
Flexibilität nur in der Fertigung
Flexible Fertigungsmaschinen können verschiedene Produkte herstellen. Die Verteilung der für die Maschine entstehenden Kosten wie Abschreibung, Energieverbrauch, Wartung usw. muss mit Schlüsseln erfolgen. Solche Anlagen erhöhen zwar die Flexibilität in der Fertigung und damit sinken die Fertigungskosten, sie erhöhen aber auch den Aufwand in der Kostenrechnung, die z. B. für die Kalkulation mehr Zeit aufwenden muss. Gleichzeitig ist das Kalkulationsergebnis wegen der ungenauen Schlüssel weniger exakt.
Um die Gemeinkosten einfacher und vor allem gerechter auf die Produkte verteilen zu können, muss der Versuch der Detaillierung unternommen werden. Die Gemeinkosten werden dazu in unterschiedliche Blöcke geteilt und mit unterschiedlichen Schlüsseln verteilt.
3.2.1 Die Material- und Fertigungsgemeinkosten
So ist es z. B. in der traditionellen Kalkulation üblich, die Materialgemeinkosten, also die Kosten des Einkaufs, der Warenannahme und des innerbetrieblichen Transportes, und die Fertigungsgemeinkosten, also die Kosten der Maschinen, Gebäude, Fahrzeuge, des Hilfspersonals usw., mit einem Gemeinkostenzuschlagssatz zu verrechnen. Die Basis ist bei den Fertigungsgemeinkosten meist der Fertigungslohn.
Fertigungslohn pro Stück |
75,00 EUR |
Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz 350 % |
262,50 EUR |
Summe Fertigungskosten |
337,50 EUR |
Zu viel verrechnet
Dabei werden im Gesamtzuschlagssatz alle Gemeinkosten verrechnet, also im Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz auch die für Maschinen und Abläufe, die einige Produkte nicht benutzen bzw. durchlaufen. Das ist nicht gerecht und kann dadurch verbessert werden, dass unterschiedliche Zuschlagssätze für unterschiedliche Fertigungsbereiche verwendet werden. Das setzt voraus, dass auch unterschiedliche Bezugsgrößen für die Verteilung zur Verfügung stehen. Das können z. B. die Fertigungszeiten in den einzelnen Bereichen sein.
Im obigen Beispiel könnten die 75,00 EUR dadurch entstehen, dass
- 55,00 EUR im Bereich Bohren,
- 0,00 EUR im Bereich Schleifen und
- 20,00 EUR im Bereich Montage
anfallen. Das ergäbe dann z. B. die folgende Berechnung der Fertigungskosten:
Fertigungslohn pro Stück Bereich Bohren |
55,00 EUR |
Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz Bohren 275 % |
151,25 EUR |
Fertigungslohn pro Stück Bereich Schleifen |
0,00 EUR |
Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz Schleifen 413 % |
0,00 EUR |
Fertigungslohn pro Stück Bereich Montage |
20,00 EUR |
Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz Montage 190 % |
38,00 EUR |
Summe Fertigungskosten |
264,25 EUR |
Richtige Entscheidungen
Da das Produkt den teuren Bereich Schleifen gar nicht durchläuft, wird es auch nicht mit dessen Gemeinkosten belastet. Das ist sicherlich gerecht, da jetzt Entscheidungen, die aufgrund der Kalkulation getroffen werden, die richtigen Auswirkungen haben. Der Mehraufwand für die detaillierte Ermittlung der Werte dürfte gerechtfertigt sein.
Veränderungen berücksichtigen
Wenn Sie jetzt Ihre Kalkulation von einem Gemeinkostenzuschlagssatz auf mehrere umstellen, müssen Sie die Zusammenhänge zwischen der Kostenverteilung und der Größe der Basis berücksichtigen. Für Produkte, die einige Fertigungsbereiche meiden, wird die Kalkulation geringere Ergebnisse ermitteln. Für die anderen Produkte wird die Belastung größer, da die Verteilung auf weniger Kostenträger erfolgt als zuvor. In der Summe müssen die Veränderungen null ergeben, für einzelne Produkte kann die Veränderung der Kalkulation dramatische Auswirkungen haben.
3.2.2 Die Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten
Unterschiedliche Beanspruchung führt zu unterschiedlichen Sätzen
Die Artikelkalkulation ist mit den Herstellkosten nicht beendet. Über die separat zu behandelnden Sondereinzelkosten hinaus werden noch Gemeinkosten aus dem Bereich der Verwaltung und des Vertriebs verrechnet. Auch hier bietet das traditionelle Kalkulationsschema nur jeweils einen Verrechnungssatz an. Dabei können und müssen auch mehrere Vertriebsgemeinkostenzuschlagssätze und Verwaltungsgemeinkostenzuschlagssätze gebildet werden.
- Wenn für unterschiedliche Produkte auch unterschiedliche Teilvertriebsorganisationen genutzt werden, sollten die Vertriebsgemeinkostensätze auch nur mit diesen Kosten berechnet werden.
- Wenn einige Produkte bestimmte Vertriebsabläufe nicht durchlaufen (z. B. die Angebotsschreibung), dann sollten die dafür auftretenden Kosten auch nicht auf alle Produkte verrechnet werden.
- Wenn nur bestimmte Produkte kostspielige Verwaltungsvorgänge verursachen (z. B. die rechtliche Prüfung der für die USA gefertigten Produkte), dann sollten auch nur diese mit den Kosten der Abläufe belastet werden.
Durch gespaltene Vertriebs- und Verwaltungskostenzuschlagssätze entsteht mehr Aufwand, aber a...