BMF, Schreiben v. 20.6.2008, IV A 3 - S 0338/07/10010, BStBl I 2008, 678
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 13.2.2008, 2 BvL 1/06 entschieden, dass § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1997 geltenden Fassung und alle nachfolgenden Fassungen mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, soweit der Sonderausgabenabzug die Beiträge zu einer privaten Krankheitskostenversicherung und einer privaten Pflegepflichtversicherung nicht in dem Umfang erfasst, der erforderlich ist, um dem Steuerpflichtigen und seiner Familie eine sozialhilfegleiche Kranken- und Pflegeversorgung zu gewährleisten. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, spätestens mit Wirkung zum 1.1.2010 eine Neuregelung zu treffen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Vorschriften weiter anwendbar.
Ferner hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 13.2.2008, 2 BvR 1220/04 und 2 BvR 410/05 entschieden, dass aufgrund seines Urteils vom 6.3.2002, 2 BvL 17/99 (BStBl 2002 II S. 618) und der Neuregelung durch das Alterseinkünftegesetz eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen für Veranlagungszeiträume vor 2005 nicht mehr in Betracht kommt. Des Weiteren hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschlüssen vom 25.2.2008 die ebenfalls gegen die beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen gerichteten Verfassungsbeschwerden 2 BvR 587/01, 2 BvR 274/03, 2 BvR 472/03, 2 BvR 912/03, 2 BvR 937/03, 2 BvR 1852/03, 2 BvR 325/07 und 2 BvR 555/07 nicht zur Entscheidung angenommen.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher Folgendes:
Nummer 3 Buchst. a (Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG) für Veranlagungszeiträume vor 2005) und Nummer 4 (Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG) der Anlage zum BMF-Schreiben vom 27.6.2005 (BStBl 2005 I S. 794), die zuletzt durch BMF-Schreiben vom 14.5.2008 (BStBl 2008 I S. 587) geändert worden ist, werden mit sofortiger Wirkung gestrichen. Wegen der Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen für Veranlagungszeiträume vor 2005 kommt ein Ruhenlassen außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren nicht mehr in Betracht.
Die Anlage zum BMF-Schreiben vom 27.6.2005 (a.a.O.) wird mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:
„Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte vorläufig vorzunehmen:
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Anwendung des § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Satz 3 letzter Halbsatz, § 4 Abs. 5a EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 (Entfernungspauschale) |
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2. |
Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben (Aufhebung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22.12.2005, BGBl 2005 I S. 3682) |
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3. |
Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) für Veranlagungszeiträume ab 2005 |
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4. |
Besteuerung der Einkünfte aus Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005 |
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5. |
Anwendung des § 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) für Veranlagungszeiträume ab 2004 |
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6. |
Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 |
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7. |
Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages. |
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 1 ist sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen sowie sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften für Veranlagungszeiträume ab 2007 beizufügen. In diesen Fällen ist abweichend von Abschnitt IV des BMF-Schreibens vom 27.6.2005 (BStBl 2005 I S. 794) bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auf Antrag des Steuerpflichtigen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren (vgl. BMF-Schreiben vom 4.10.2007, BStBl 2007 I S. 722). Der Vorläufigkeitsvermerk umfasst auch die Frage, ob die Höhe der Entfernungspauschale verfassungsgemäß ist. Er umfasst auch mittelbare Wirkungen, wie beispielsweise bei der Prüfung des Überschreitens von Einkunftsgrenzen (z.B. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG).
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 2 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2006 beizufügen.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 4 erfasst sämtliche Leibrentenarten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 5 umfasst nur die Frage, ob § 24...