Unternehmen sehen sich einer Vielzahl an Anspruchsgruppen ausgesetzt. Die Stakeholder sind dabei höchst divers und verfolgen unterschiedliche Interessen. Gute Beziehungen zu den relevanten Stakeholdern herzustellen und zu halten stellt für alle Unternehmen eine Herausforderung, aber auch einen strategischen Erfolgsfaktor dar. Zum einen ist die Reputation eines Unternehmens wesentlich von intakten Stakeholder-Beziehungen abhängig. Zum anderen können die verschiedenen Anspruchsgruppen im Rahmen des Stakeholder-Dialogs wichtige Inputs von außen zur Weiterentwicklung des Unternehmens im gesamtgesellschaftlichen Kontext bieten. Die Summe der Stakeholder-Beziehungen wird in der Literatur auch als das "Social Capital" des Unternehmens betrachtet.Für Unternehmen ist es wichtig, hier die Übersicht zu behalten und vorhandene Ressourcen für das Stakeholder-Engagement möglichst effizient einzusetzen, um die Unternehmensinteressen zu vertreten.
Das Stakeholder-Mapping ist dabei jenes Instrument, das zur Identifikation, Gruppierung und Priorisierung herangezogen werden kann. Die identifizierten Stakeholdergruppen finden wiederum Verwendung in weiteren Instrumenten, bspw. im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse. Darüber hinaus werden die im Stakeholder-Mapping priorisierten Anspruchsgruppen in der nicht finanziellen Berichterstattung gezielt adressiert.
Im Anschluss an das Mapping ist das Engagement bzw. die Interaktion mit den Stakeholder zu konkretisieren. Abb. 2 verortet das Stakeholder-Mapping in einem holistischen Stakeholder-Managementansatz.
Abb. 2: Stakeholder-Managementansatz in Anlehnung an Iberdrola 2018
Für das Mapping werden Stakeholder aller Geschäftsbereiche und Regionen des Unternehmens in einem ersten Schritt gelistet und in sinnvolle Gruppen zusammengefasst. Gruppen wie in Abb. 3 dargestellt, können dabei herangezogen werden. Bei der Listung sollten Stakeholder aus allen Geschäftsbereichen bzw. Regionen berücksichtigt werden.
Abb. 3: Stakeholder-Gruppen in Anlehnung an Deetz, 1995
Im Anschluss werden die Stakeholder hinsichtlich ihres Einflusses auf das Unternehmen sowie ihrem Interesse am Unternehmen in einer Power-Interest Matrix gemappt (s. Abb. 4). Das Engagement und die Interaktion mit den Stakeholdern wird entsprechend der Priorisierung ausgerichtet.
Abb. 4: Power-Interest Matrix in Anlehnung an Eden/Ackermann, 1998
Folgende Leitfragen können bei der Einschätzung von Einfluss und Interesse der Stakeholder herangezogen werden:
- Strategie: Haben die Stakeholder Einfluss auf die strategischen Ziele des Unternehmens (Einfluss) bzw. haben die strategischen Ziele einen Effekt auf die Stakeholder (Interesse)?
- Ethik: Hat unethisches Verhalten der Stakeholder einen Effekt auf das Unternehmen bzw. hat unethisches Verhalten des Unternehmens einen Effekt auf die Stakeholder?
- Finanzielle Ressourcen: Haben die Stakeholder Einfluss auf die finanziellen Ressourcen des Unternehmens bzw. hat das Unternehmen Einfluss auf die finanziellen Ressourcen der Stakeholder?
- Talent: Haben die Stakeholder Einfluss darauf, ob das Unternehmen Talente bzw. Fachkräfte rekrutieren oder halten kann bzw. beeinflusst das Unternehmen die Verfügbarkeit oder Qualifikation der Talente der Stakeholder?
- Versorgung mit Waren und Dienstleistungen: Haben die Stakeholder Einfluss auf die Versorgung des Unternehmens mit Waren und Dienstleistungen bzw. hat das Unternehmen Einfluss auf die Versorgung der Stakeholder?
- Eigene Produkte und Dienstleistungen: Haben die Stakeholder Einfluss auf die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen durch das Unternehmen bzw. hat das Unternehmen Einfluss auf Produkte und Dienstleistungen der Stakeholder?
- Innovationsfähigkeit: Haben die Stakeholder Einfluss auf die Innovationsfähigkeit des Unternehmens bzw. hat das Unternehmen Einfluss auf die Innovationsfähigkeit der Stakeholder?
- Umwelt: Haben die Stakeholder Einfluss auf die Umwelt, in der das Unternehmen agiert bzw. hat das Unternehmen Einfluss auf die Umwelt, in der die Stakeholder agieren?
- Gesellschaft: Haben die Stakeholder Einfluss auf das Meinungsbild des Unternehmens in der Gesellschaft bzw. hat das Unternehmen Einfluss auf das Meinungsbild der Stakeholder in der Gesellschaft?
Als Grundlage für das Mapping sollte eine ausführliche Befragung der Stakeholder-Gruppen in regelmäßigen Abständen, zumeist jährlich, erfolgen. Neben Interesse und Einfluss der Stakeholder werden in der Befragung die Beziehung zum Unternehmen, wesentlichen Themen des Unternehmens aus Sicht der Stakeholder sowie die Qualität des Informationsaustauschs mit den Stakeholdern behandelt. Nachdem in der Regel mehr als 100 Befragungen durchge-führt werden, oftmals auch über 250, sollte hier eine effiziente Methodik, bspw. durch ein quantitatives Online-Tool gewählt werden. Z. B. können so Unterschiede zwischen internen und externen Stakeholdern bzw. Stakeholdergruppen ausgewertet werden. Qualitative Tiefeninterviews haben sich als Ergänzung zur quantitativen Befragung bewährt. Abb. 5 ste...