Leitsatz
1. Leistet eine Genossenschaft an ihre Mitglieder Zahlungen, die sie fremden Dritten unter ansonsten vergleichbaren Umständen nicht gewährt, so sind die gezahlten Beträge nur unter den Voraussetzungen und in den Grenzen des § 22 KStG gewinnmindernd zu berücksichtigen.
2. Mitgliedergeschäfte i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 KStG sind nur solche Geschäfte, bei denen die Mitglieder der Genossenschaft als Unternehmer gegenübertreten. Ein Mitgliedergeschäft liegt daher nicht vor, wenn die Genossen ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen für die Genossenschaft tätig sind.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2, § 22 Abs. 1 KStG
Sachverhalt
Klägerin war eine eingetragene Genossenschaft. Ihr satzungsmäßiger Zweck war zunächst die Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinsamen Geschäftsbetrieb. Seit 1997 wies die Satzung als Zweck der Klägerin "die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder" aus; der Unternehmensgegenstand wird nunmehr u.a. beschrieben mit "Erhaltung, Schaffung, Ausgestaltung und Entwicklung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum verbunden mit der bestmöglichen erwerbswirtschaftlichen Verwertung der von den Mitgliedern bereitgestellten Arbeitskraft" und "die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte, deren Bearbeitung, Verarbeitung und Vermarktung". Die Mitglieder der Klägerin sind als deren Arbeitnehmer tätig und unterhalten keine eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.
Seit dem Jahr 1996 gewährte die Klägerin ihren Mitgliedern über die vereinbarten Arbeitslöhne hinaus Beiträge, die als "Rückvergütungen" bezeichnet waren. Diese Zahlungen bemaßen sich nach dem Lohn der Mitglieder im Verhältnis zu den Nichtmitgliedern.
Das FA sah sie als vGA an.
Die dagegen gerichtete Klage hat das FG abgewiesen (EFG 2006, 1099).
Entscheidung
Der BFH sah das ebenso wie das FA und das FG. Es fehle an dem gem. § 22 KStG für die steuerliche Abzugsfähigkeit als BA erforderlichen "Mitgliedergeschäft". Arbeitsverhältnisse fielen nicht unter diesen Begriff.
Hinweis
§ 22 KStG will Wettbewerbsgleichheit zwischen Genossenschaften und anderen Körperschaften in anderen Rechtsformen herstellen: Weil Genossen der Genossenschaft stets auch korporationsrechtlich verbunden sind, wäre jedwelche Zahlung auch genossenschaftlich "mit"-veranlasst, auch dann, wenn ein geschäftlicher Vorgang zugrunde liegt, was wiederum genügen würde, um eine vGA anzunehmen. Dem will § 22 KStG vorbeugen.
Probleme entstanden insoweit in den sog. neuen Bundesländern, weil dort ehemalige Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften in der Vergangenheit häufig in sog. Arbeitnehmer-Genossenschaften umgewandelt wurden. Das warf die Frage auf, ob derartige Arbeitsverhältnisse "Mitgliedergeschäfte" i.S.v. § 22 KStG sind.
Der BFH hat das verneint. Ein Mitgliedergeschäft sei stets ein solches auf Basis eines unternehmerischen Leistungsverhältnisses, nicht aber ein solches auf Basis einer nichtselbstständigen Tätigkeit. Folglich führten Nach- und Rückzahlungen bei Arbeitnehmer-Produktionsgenossenschaften stets zu vGA.
Der unterschiedlichen Regelung und gesetzlichen Wertung sah der BFH keinen verfassungsrechtlich relevanten Gleichheitsverstoß: Bei einem Mitgliedergeschäft stehe die Geschäftsbeziehung im Vordergrund, bei einem Arbeitsverhältnis hingegeben die Genossenschaftsbeziehung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.4.2007, I R 37/06