Dipl.-Finanzwirt Bernhard Paus
Leitsatz
Seit 1999 können betrieblich veranlasste Schuldzinsen nicht mehr in vollem Umfang als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sog. Überentnahmen vorliegen, wenn also die Entnahmen eines Jahres den Gewinn und die Einlagen desselben Jahres übersteigen. Das FG hat jetzt entschieden, die Zurechnung nicht abziehbarer Zinsen zu dem bilanzmäßigen Gewinn sei auch geboten, wenn nur im Vorjahr Überentnahmen vorlagen, diese aber die Unterentnahmen des laufenden Jahres übersteigen. Im Urteilsfall war der abziehbare Betrag, den das Gesetz pauschal mit 6 % der Überentnahmen annimmt, auf den gesetzlichen Höchstbetrag zu begrenzen.
Sachverhalt
Ein Einzelunternehmer hatte im Jahr 1999 Überentnahmen von rund 120.000 DM getätigt. Für das Jahr 2000 wies er Unterentnahmen von rund 54.000 DM aus. Das Finanzamt errechnete als Saldo Überentnahmen von rund 66.000 DM. Der Betrag der abziehbaren Schuldzinsen war jedoch auf den Höchstbetrag (gesamte betriebliche Schuldzinsen abzüglich Zinsen für Anlagevermögen und abzüglich des gesetzlichen Sockelbetrags von inzwischen 2.050 € jährlich), im Urteilsfall 566 DM, zu begrenzen. Der Kläger machte geltend, nach dem Gesetzeswortlaut komme die Zurechnung nicht abziehbarer Zinsen nur wegen Überentnahmen des laufenden Jahres in Betracht (§ 4 Abs. 4a Satz 2 EStG).
Entscheidung
Das FG bestätigte die Auffassung des Finanzamts, das sich auf das BMF-Schreiben vom 22.5.2000, IV C 2 - S 2144 - 60/00, BStBl 2000 I S. 588, Tz. 23 f. gestützt hatte. Danach komme eine Zurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen auch wegen Überentnahmen der Vorjahre in Betracht, falls diese nicht durch Unterentnahme des laufenden Jahres ausgeglichen werden. Eine andere Auslegung würde den Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs.1 GG verletzen.
Hinweis
Das FG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Der Kläger hat aber kaum Chancen, mit seiner Argumentation vor dem BFH Gehör zu finden. Das Gesetz stellt in § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG eindeutig klar, dass die nicht abziehbaren Schuldzinsen auch aus den Überentnahmen der Vorjahre zu berechnen sind. Ausserdem hat das FG zurecht ausgeführt, dass eine andere Auslegung zu sinnwidrigen Ergebnissen führen würde. Ob der Sachverhalt dem BFH Anlass geben könnte, andere verfassungsrechtliche Fragen des § 4 Abs. 4a EStG aufzugreifen, lässt sich dem veröffentlichten Sachverhalt nicht entnehmen. Insbesondere ist nicht zu erkennen, ob der Kläger zum 1.1.1999 ein positives Kapitalkonto ausgewiesen hat und folglich dadurch benachteiligt wird, dass der Gesetzgeber zwar die Entnahme späterer Einlagen und Gewinne zulässt, nicht aber die Entnahme des am 1.1.1999 vorhandenen Kapitals. Diese willkürliche zeitliche Grenzziehung könnte als sachlich nicht gerechtfertigt und damit verfassungswidrig anzusehen sein.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.03.2003, 6 K 2363/02