Entscheidungsstichwort (Thema)
Ein Spekulationsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG liegt nicht vor, wenn ein Steuerpflichtiger australische Dollar erwirbt, für ca. 3 Monate anlegt, anschließend erneut verzinslich anlegt und nach Ablauf von mehr als 6 Monaten in DM zurücktauscht. Einkommensteuer 1988
Nachgehend
Tenor
Unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 27.01.1997 wird der Einkommensteuerbescheid vom 14.07.1997 teilweise aufgehoben. Der Beklagte hat die Einkommensteuer 1988 ohne die in dem angefochtenen Bescheid angesetzten sonstigen Einkünfte in Höhe von 2.529.464 DM festzusetzen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe der an den Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, sofern dieser nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob ein Spekulationsgewinn im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 b Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegt.
Der Kläger (Kl.) ist Molkereimeister. Am 18. und 19. Mai 1988 erwarb er für jeweils 10 Mio. DM Australische Dollar (AUD). Die AUD legte er für jeweils drei Monate (19.05. bis 19.08.1988 bzw. 20.05. bis 22.08.1988) bei der … Bank in Luxemburg festverzinslich an (Zinssatz 10,875 v.H.). Nach Ablauf der drei Monate legte der Kl. die um die Zinserträge aufgestockten Beträge erneut an, und zwar unverändert in AUD. Diese Anlage erfolgte ebenfalls für drei Monate, jeweils bis zum 21.11.1988, bei der … Bank in London, festverzinslich zu 11,5 v.H. Nach Ablauf der zweiten Anlagezeit tauschte der Kl. die AUD am 21.11.1988 zurück in DM und verwendete das Geld anderweitig.
Die Zinserträge erklärte der Kl. in seiner Einkommensteuererklärung 1988 als Einkünfte aus Kapitalvermögen; der Beklagte (Finanzamt, FA) besteuerte sie entsprechend. Insoweit besteht kein Streit. Zusätzlich zu, diesen Zinserträgen erzielte der Kl. jedoch durch Kursschwankungen des AUD gegenüber der DM in der Zeit vom 15. Mai bis 21. November 1988 einen Kursgewinn in Höhe von ca. 2,5 Mio. DM. Nach einer Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, der Kl. habe jeweils zwei voneinander unabhängige Festgeldanlagen in australischer Währung vorgenommen. Denn er habe nach Ablauf der ersten drei Monate das angelegte Geld zurückerhalten und erneut darüber verfügt. Es handele sich um Spekulationsgeschäfte, aus denen sich aufgrund der unterschiedlichen Wechselkurse Veräußerungsgewinne und -verluste ergeben hätten. Auf den tatsächlichen Umtausch der AUD in DM komme es nicht an. Insgesamt habe der Kl. einen Spekulationsgewinn in Höhe von 2.529.464 DM erzielt, vgl. Bl. 79 ESt-Akte.
Diesen „Spekulationsgewinn” unterwarf das FA als „sonstige Einkünfte” der Einkommenbesteuerung. Hiergegen richtet sich – nach erfolglosem Vorverfahren – die Klage.
Der Kl. trägt vor:
Ein Spekulationsgeschäft im Sinne von § 23 Abs. 1 EStG könne nur vorliegen, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als sechs Monate betrage. Er habe die AUD am 18. bzw. 19.05.1988 erworben und am 21.11.1988 veräußert; der dazwischen liegende Zeitraum sei länger als sechs Monate. Zwischendurch habe lediglich ein Ortswechsel desselben Wirtschaftsgutes, nämlich der AUD, von Luxemburg nach London stattgefunden. Ein solcher Ortswechsel könne keine Veräußerung im Sinne von § 23 EStG sein.
Der Kl. beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1988 in der Fassung vom 14. Juli 1997 die Einkommensteuer ohne sonstige Einkünfte (Spekulationsgewinn) von 2.529.464 DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es trägt vor:
Der Kl. habe nach Ablauf der Erstanlage seines Geldes die AUD von der … Bank Luxemburg zur … Bank London transferiert. Damit habe er seine Forderungen gegen die Bank Luxemburg eingezogen, dies sei als Veräußerungsgeschäft zu beurteilen. Die nachfolgende Anlage bei der … Bank London sei als erneutes Geschäft zu werten. Somit Lägen zwischen Erwerb und Veräußerung der Gelder jeweils nur ca. drei Monate. Damit handele es sich um Spekulationsgeschäfte im Sinne von § 23 EStG.
Im übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der streitige Kursgewinn, den der Kl. im Jahre 1988 erzielt hat, unterliegt nicht der Einkommensteuer. Denn es liegt kein Spekulationsgeschäft vor.
Gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 b sind Spekulationsgeschäfte solche Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die keine Grundstücke und ähnlichen Rechte sind (insbesondere von Wertpapieren), nicht mehr als sechs Monate beträgt. Diese Zeitspanne ist im Streitfall überschritten. Denn der Kl. hat die Wirtschaftsgüter, die für ein Spekulationsgeschäft infrage kommen, nämlich die AUD, am 18./19. Mai 1988 erworben und am 21.11.1988 nach Ablauf vo...