Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Änderung des Gesellschafterbestandes nach Gründung der Gesellschaft als Gestaltungsmissbrauch
Leitsatz (redaktionell)
- Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der GrESt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit sich der Rechtsvorgang auf ein inländisches Grundstück bezieht.
- Diese Vorschrift kommt mit Blick auf § 42 Satz 1 AO auch bei der Übertragung besonders ausgestalteter Mitgliedschaftsrechte an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Anwendung, wenn diese Übertragung im rechtlichen und wirtschaftlichen Ergebnis der Verschaffung eines Grundstücks oder Grundstücksanteils gleich kommt.
- Das zeitliche Zusammentreffen der Gründung einer Immobiliengesellschaft und Anteilsübertragung am selben Tag, d. h. die Gesellschaftsgründung mit sofortigem Gesellschafterwechsel und das Fehlen außersteuerlicher Gründe für diese Gestaltung lassen allein den Schluss zu, dass die Gestaltung der Umgehung der GrESt, die bei angemessener rechtliche Gestaltung (hier: Erwerb des Miteigentumsanteils am Grundstück) entsteht, dienen sollte.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; AO § 42
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Gründung einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit sofortigem Gesellschafterwechsel die Grunderwerbsteuer aufgrund der Annahme eines Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten anfällt.
Die Eheleute D. waren im Grundbuch als Bruchteilseigentümer zu je 1/2 eines Hausgrundstücks eingetragen. Mit Notarvertrag vom 2. November 1995 gründeten die Eheleute eine Grundstücksgesellschaft nach den §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit jeweils gleichen Anteilen. Am selben Tag veräußerte Frau D. ihren Gesellschaftsanteil für 525.000 DM an den Kläger, den Bruder ihres Ehemannes. Der Kläger ist Steuerberater. Das beklagte Finanzamt sah in diesem Vorgang nicht den Erwerb eines Gesellschaftsanteils, sondern einen Grundstückserwerb und setzte entsprechend Grunderwerbsteuer in Höhe von 10.500 DM (= 2 v.H. von 525.000 DM) mit Bescheid vom 19. Dezember 1995 fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhebt der Kläger Klage und trägt im Wesentlichen folgendes vor:
Er habe lediglich einen Anteil an einer Gesamthand erworben. Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils unterliege nicht der Grunderwerbsteuer. Es sei nicht rechtsmissbräuchlich, wenn zunächst die Eheleute D. eine Grundstücksgesellschaft gründen und anschließend er mit Frau D. einen nichtgrunderwerbsteuerbaren Gesellschafterwechsel vollziehe. Es sei lediglich ein mündlicher Gesellschaftsvertrag geschlossen worden, da keine Besonderheiten zu regeln gewesen seien. Die Gesellschafter seien je hälftig am Gewinn und Verlust beteiligt. Gesellschaftszweck sei der Erwerb und die Verwaltung von Grundvermögen. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts trete als solche nach außen auf; sie habe in 1996 ein weiteres Grundstück erworben. Die Entscheidung für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe rein wirtschaftliche Gründe. So seien die in Verbindung mit Grundbesitz anfallenden Nebenkosten in der Regel geringer, wenn Gesellschafter zum Beispiel zur Finanzierung neuer Objekte aufgenommen würden, bedürfe es nur einer Mitteilung an das Amtsgericht hinsichtlich des Beitritts oder Ausscheidens eines Gesellschafters.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 3. März 1996 aufzuheben und damit die Grunderwerbsteuer auf 0 DM herabzusetzen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Auffassung aus dem Vorverfahren fest, wonach hier ein Grundstückserwerb gegeben ist. Der Sinn und Zweck des nicht steuerbaren Wechsels im Personenstand einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nämlich den Zusammenschluss mehrerer Personen zu einer Personengesellschaft und den späteren Wechsel der Gesellschafter nicht durch steuerliche Hindernisse zu erschweren, werde hier verfehlt. Denn hier sei ein Grundstücksmiteigentümer (Frau D.) nur für eine logische Sekunde und lediglich zu dem Zweck in eine neue Gesellschaft eingetreten, um im nächsten Moment wieder abzutreten.
Dem Gericht hat die beim beklagten Finanzamt geführte Grunderwerbsteuerakte vorgelegen. Das Gericht hat mit Schreiben vom 26. Februar 2001 vom Kläger den Gesellschaftsvertrag der Grundstücksgesellschaft, in die der Kläger mit Notarvertrag vom 2. November 1995 eintrat, angefordert. Auf das Antwortschreiben des Klägers vom 6. März 2001, das teilweise von seinen Ausführungen im Schreiben vom 22. Februar 2001 abweicht, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begr...