rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 1 Abs. 2a GrEStG in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist auf Fälle der „mittelbaren” Veränderung des Gesellschafterbestandes vor Verschärfung des Gesetzes nicht anwendbar
Leitsatz (redaktionell)
- Die „mittelbare” Veränderung des Gesellschafterbestandes vor dem 1. Januar 2000 wird nicht von der ab diesem Zeitpunkt verschärften fiktiven Grunderwerbsbesteuerung bei der Grenzbetrachtung (95 v. H.) nach Maßgabe des § 1 Abs. 2a GrEStG erfasst.
- Die hinsichtlich der „mittelbaren” Anteilsübertragung verschärfte Neufassung des § 1 Abs. 2a GrEStG findet erstmals Anwendung auf Erwerbsvorgänge, die nach dem 31. Dezember 1999 verwirklicht werden.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2a S. 1, § 23 Abs. 6 S. 2
Streitjahr(e)
1998, 2002
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob für bestimmte Anteilsübertragungen an neue Gesellschafter (in der Zeit von 1998 bis 2002) Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2a GrEStG besteht. Dabei geht es auch um die Auslegung des § 23 Abs. 6 Satz 2 GrEStG wegen des zeitlichen Anwendungsbereichs der neueren Fassung des § 1 Abs. 2a GrEStG.
Im Dezember 1997 waren an der Klägerin (eine Grundbesitzgesellschaft) die AKS-AG mit 99 vom Hundert und die AKS-GmbH mit 1 vom Hundert beteiligt. Die AKS-AG war alleinige Gesellschafterin der AKS-GmbH.
Am 31. Dezember 1997 übertrug die AKS-AG 5 vom Hundert der Anteile an der Klägerin auf die AKS-GmbH (Altgesellschafter). Entsprechend hielten nun die AKS-AG 94 vom Hundert der Anteile an der Klägerin und die AKS-GmbH die restlichen 6 vom Hundert.
Am 1. November 1998 übertrug die AKS-AG 88 vom Hundert der Anteile an der Klägerin auf die M-AG (Neugesellschafter). Entsprechend hielten nun die AKS-AG 6 vom Hundert der Anteile an der Klägerin, die AKS-GmbH 6 vom Hundert und die M-AG 88 vom Hundert.
Am 29. Dezember 1998 veräußerte die AKS-AG sämtliche Anteile an der AKS-GmbH an Herrn C. D. (mittelbarer Neugesellschafter).
Die AKS-AG ging in Insolvenz und schied aus der Klägerin aus (dazu Antrag auf Grundbuchberichtigung vom 21. März 2002). Die ihr verbliebenen 6 vom Hundert der Anteile an der Klägerin wuchsen den beiden übrigen Gesellschaftern zu. Entsprechend hielten nun die AKS-GmbH 9 vom Hundert der Anteile an der Klägerin und die M-AG 91 vom Hundert.
Das beklagte Finanzamt (FA) nahm an, dass durch die beschriebenen Anteilsübertragungen innerhalb von fünf Jahren (ab 1998) mindestens 95 vom Hundert der Anteile an der Klägerin auf neue Gesellschafter übergegangen waren und somit die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG vorlagen.
Hierbei rechnete das FA wie folgt:
- im Jahr 1998 unmittelbarer Verkauf von Anteilen an die M-AG (88 vom Hundert)
noch im Jahr 1998 mittelbarer Verkauf von Anteilen an Herrn C.D. (6 vom Hundert durch die AKS-GmbH hindurch)
- im Jahr 2002 unmittelbare Anwachsung (3 vom Hundert zur M-AG)
- im Jahr 2002 mittelbare Anwachsung (3 vom Hundert zu Herrn C.D. über AKS-GmbH)
Nach diesem Rechenwerk waren insgesamt 100 vom Hundert von den Anteilen der Klägerin auf neue Gesellschafter übergegangen, unmittelbar 91 vom Hundert und mittelbar 9 vom Hundert.
Entsprechend gab das FA den Bescheid vom 24. Juni 2002 über eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer (nach § 17 GrEStG) an die Klägerin heraus. Für die Berechnung der Grunderwerbsteuer wurde der im Antrag auf Grundbuchberichtigung vom 21. März 2002 genannte Wert des Grundstücks in Höhe von 10 Millionen € herangezogen. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO und sollte, sobald der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG heranzuziehende Grundbesitzwert vorläge, entsprechend geändert werden.
Die Klägerin trug mit ihrem Einspruch vom 19. Juli 2002 vor, dass die Grunderwerbsteuer nach § 6 Abs. 1 GrEStG insoweit nicht zu erheben sei, soweit die M-AG bereits mit 88 vom Hundert und die AKS-GmbH mit 6 vom Hundert an der Klägerin beteiligt gewesen sei. Entsprechend sei danach lediglich ein Betrag (Besteuerungsgrundlage) von 600.000 € (6 vom Hundert von 10 Millionen €) zu versteuern gewesen.
Das FA folgte zunächst dem Einspruchsbegehren mit dem Änderungsbescheid vom 26. Juli 2002, der erneut unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt wurde. Dann aber - mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 6. August 2002, der wiederum unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging - kehrte das FA zur vollen Besteuerung zurück.
Mit dem dagegen erhobenen Einspruch vom 6. September 2002 verlangte die Klägerin nun die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids. Nach dem erfolglosen Einspruchsverfahren erhebt die Klägerin Klage und trägt im Wesentlichen Folgendes vor:
§ 1 Abs. 2a GrEStG in der Fassung bis zum 31. Dezember 1999 habe einen mittelbaren Gesellschafterwechsel als Tatbestandsmerkmal nicht gekannt. Folglich dürfe die Übertragung der Gesellschaftsanteile der AKS-GmbH von der AKS-AG an Herrn C.D. im Jahre 1998 bei der Grenzbetrachtung (95 vom Hundert) nicht berücksichtigt werden. Außerdem sei die Auffassung des FA, wonach es...