Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückstellungsbildung wegen Ansprüchen des Handelsvertreters auf befristete Weiterzahlung von Provisionen als Entgelt für Wettbewerbsverbot. Bildung von Rückstellungen für den Anspruch eines Handelsvertreters nach Beendigung des Vertragsverhältnisses bei vertraglicher Modifizierung der Entstehungsvoraussetzungen. Körperschaftsteuer 1987 und 1988. ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 30.06.1987 und 30.06.1988

 

Leitsatz (amtlich)

Soll ein Handelsvertreter bei Beendigung seiner Tätigkeit als Abgeltung für ein dann in Kraft tretendes Wettbewerbverbot bezogen auf den dann in seinem Bezirk erzielten Jahresumsatz für einen vertraglich festgelegten Zeitraum weiter Provisionen erhalten, so fällt diese Zusage nicht unter § 89 b HGB und lässt beim Auftraggeber die Passivierung einer Rückstellung für Ungewisse Verbindlichkeiten zu.

 

Normenkette

KStG 1984 § 8 Abs. 1; EStG 1987 § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1, § 89b Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.01.2001; Aktenzeichen I R 39/00)

 

Tenor

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 1987 und 1988 und über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG zum 30. Juni 1987 und zum 30. Juni 1988 vom 24. September 1990 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 15. Oktober 1996 werden geändert und die Steuer sowie die Besteuerungsgrundlagen nach einem im Wirtschaftsjahr 1986/1987 um 730.000,00 DM und im Wirtschaftsjahr 1987/1988 um 83.000,00 DM verminderten Gewinn festgesetzt. Die Berechnung der Steuer und der Besteuerungsgrundlagen wird dem Beklagten übertragen.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Bildung einer Rückstellung für eine Verpflichtung gegenüber einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.

Gegenstand der 1946 gegründeten Klägerin ist die Zucht und der Handel mit Garten- und Futtersamen, Bäumen und Sträuchern, Pflanzen und ähnlichem Gartenbedarf. An dem Stammkapital von 1.000.000 DM waren in den Streitjahren 1987 und 1988 beteiligt, R. und H. B. mit je 300.000 DM sowie die K. GmbH & Co. KG mit 400.000 DM. Das Wirtschaftsjahr läuft vom 1. Juli bis 30. Juni eines jeden Kalenderjahres. Die Klägerin ermittelt den Gewinn nach § 5 EStG.

Mit Vertrag vom 8. August 1963 übernahm der Handelsvertreter W. die Vertretung der Klägerin in Norddeutschland. Unter Nr. 14 des Vertrages trafen die Klägerin und der Handelsvertreter Bestimmungen über Ansprüche nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Die Vereinbarung lautet:

„Nach Beendigung der Zusammenarbeit erhält Herr W. auf den die Summe von 500.000 DM im Verbandsgebiet übersteigenden letzten Jahresumsatz der Firma B. noch weiterhin Provision nach Ziffer 12 (1) und zwar auf die Dauer von zwei Jahren. Sie gilt als Entschädigung für das Wettbewerbsverbot gemäß Ziffer 8 (2). Die Zahlung erfolgt in zwölf gleichen Monatsraten, zu je 1/12 des geschuldeten Jahresbetrags.

Hat die Zusammenarbeit nach diesem Vertrag ununterbrochen mindestens zehn Jahre bestanden, so steht Herrn W. ein Ausgleichsanspruch dergestalt zu, dass Provision nach Absatz 1 auch noch über die genannte zweijährige Frist hinaus gezahlt wird. Für jedes über das zehnte hinausgehende Jahr ununterbrochener Zusammenarbeit verlängert sich der Provisionsanspruch nach Absatz 1 um zwei Monatsraten.

Wenn Herr W. vor Beendigung der Provisionspflicht sterben sollte, so erlischt der Anspruch mit der Einschränkung, dass er von der Witwe in den restlichen Monaten noch zur Hälfte geltend gemacht werden kann. Sollten unter den Hinterbliebenen keine Witwe, wohl aber unmündige Kinder sein, so können diese statt deren für die restlichen Monate den halben Provisionsanspruch anteilig geltend machen.”

Die Klägerin sah den Anspruch des Handelsvertreters als einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB an und bildete zum 30. Juni 1987 und zum 30. Juni 1988 Rückstellungen in Höhe von 730.000 DM und 813.000 DM. Die jeweiligen Zuführungen zu der Rückstellung wurden gewinnmindernd behandelt. Die ursprünglichen Steuerbescheide beruhten auf den Angaben in den Steuererklärungen und standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt (FA) die Bildung der Rückstellung unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 20. Januar 1983 (BStBl II 1983, 375) nicht an. Es vertrat die Auffassung, eine Rückstellung könne erst bilanziert werden, wenn der Vertrag mit dem Handelsvertreter beendet werde. Eine Passivierungspflicht bestehe nicht, weil der Ausgleichsanspruch wirtschaftlich nicht während der Tätigkeit des Handelsvertreters verursacht werde, sondern die nach Beendigung des Vertrags entstehenden Vorteile abgelten solle. Das FA erhöhte die Gewinne um...

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