Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn einer Außenprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Außenprüfung kann mit einer an den Steuerpflichtigen ergangenen Aufforderung zur Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren u. Ä. begonnen werden und dadurch den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmen.
Normenkette
AO 1977 § 171 Abs. 4 S. 1
Streitjahr(e)
2007
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Beginn einer Außenprüfung und die dadurch ausgelöste Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist.
Die Klägerin ist als Vermieterin und Maklerin tätig. Als solche erzielte sie Einkünfte aus Gewerbetrieb und tätigte umsatzsteuerpflichtige Umsätze.
Ihre Einkommen- und Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr gab die Klägerin am 31. März 2009 bei dem beklagten Finanzamt ab. Die Gewerbesteuererklärung reichte sie – zusammen mit einer berichtigten Umsatzsteuererklärung – am 14. Mai 2009 ein. In einem handschriftlichen Vermerk des Prüfers in der Betriebsprüfungsakte heißt es: ”Vz 2007 in 2009 eingegangen – Verjährung per 31.12.2013“.
In Bescheiden vom 13. August 2009 wurden die Einkommensteuer und der Gewerbesteuermessbetrag erklärungsgemäß festgesetzt. Der (berichtigten) Umsatzsteuererklärung stimmte das Finanzamt am 13. August 2009 zu, so dass sie einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand.
Mit Datum vom 22. Januar 2013 wurde der Klägerin eine Prüfungsanordnung für die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 2007 bekannt gegeben. Der Prüfungsbeginn wurde darin für den Zeitraum vom 1. März 2013 bis 30. April 2013 angekündigt. In einer Anlage zur Prüfungsanordnung heißt es unter der Überschrift ”Vorabzusendung“: ”Bitte übersenden Sie bereits jetzt – also vor Prüfungsbeginn – folgende Unterlagen an die prüfende Stelle: Daten-Archiv-CD der Finanzbuchhaltung“.
Im Februar 2013 nahm der steuerliche Berater der Klägerin mit dem Prüfer Kontakt wegen des Prüfungsbeginns auf. Am 26. März 2013 übersandte er dem Prüfer die digitalen Unterlagen für den Betriebsprüfungszeitraum 2007 bis 2010.
Ausweislich eines handschriftlichen Vermerks in der Betriebsprüfungsakte forderte der Prüfer am 19. November 2013 die digitalen Daten für den Bereich ”Grundstücksvermittlung“ bei der Klägerin an und plante einen Beginn der Betriebsprüfung an Amtsstelle in der 3. Dezemberwoche 2013.
Ein Beschäftigungstagebuch des Prüfers für das Jahr 2013 liegt nicht mehr vor. Nach dem Beschäftigungstagebuch für das Jahr 2014 war der Prüfer am 24., 27. und 28. Januar an insg. 22 Stunden mit der Betriebsprüfung der Klägerin befasst, am 22. und 23. Mai 2014 insg. 15 Stunden und sodann intensiv im Zeitraum vom 11. bis zum 26. Juni 2014 und vom 7. bis zum 16. Juli 2014. Die ersten dokumentierten Prüfungshandlungen in den Betriebsprüfungsakten erfolgten im Juni 2014. Vermerke des Prüfers über weitergehende Nachfragen zu den Unterlagen der Klägerin stammen aus den Monaten Juli und August 2014.
Im Betriebsprüfungsbericht wird als Beginn der Prüfung der 16. Dezember 2013 angegeben.
Aufgrund der Feststellungen des Prüfers ergingen am 28. April 2017 geänderte Bescheide über Einkommensteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer für die Jahre 2007 bis 2010.
Hiergegen legte die Klägerin am 26. Mai 2017 Einspruch ein.
Streitig war zwischen den Beteiligten im Folgenden insbesondere die steuerliche Berücksichtigung von Vertragsverhältnissen der Klägerin mit ihrer Mutter. Die zunächst ebenfalls erhobenen Einwendungen gegen die Minderung von Kfz-Kosten wurden im Laufe des Einspruchsverfahrens von der Klägerin fallen gelassen. Dagegen erkannte das Finanzamt die Vertragsverhältnisse mit der Mutter an und erließ gegenüber der Klägerin geänderte Bescheide über Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2007 bis 2010, die am 27. Juni 2018 zur Post gegeben wurden.
Die auf Grundlage der Einigung geänderten Umsatzsteuerbescheide gingen aufgrund eines Versehens erst am 31. Juli 2018 zur Post.
Mit Schreiben vom 24. August 2018, das am 28. August 2018 bei dem beklagten Finanzamt einging, legte die Klägerin gegen die Änderungsbescheide für das Jahr 2007 Einspruch ein und begehrte deren Aufhebung. Es sei zweifelhaft – so machte sie geltend –, ob – wie im Betriebsprüfungsbericht angegeben – bereits im Jahr 2013 mit der Außenprüfung begonnen worden sei und tatsächlich in diesem Jahr noch Prüfungshandlungen stattgefunden hätten. Daher sei für die Steuerfestsetzungen das Streitjahres Festsetzungsverjährung eingetreten. Da die Angaben im Betriebsprüfungsbericht irreführend seien, sei für die Einsprüche gegen die Bescheide über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag außerdem Wiedereinsetzung zu gewähren.
Das Finanzamt teilte der Klägerin die durchgeführten Maßnahmen des Prüfers im Jahr 2013 mit, wies sie darauf hin, dass die Einsprüche wegen der Bescheide über Einkommen-
steuer und Gewerbesteuermessbetrag nicht fristgerecht eingelegt worden seien und stellte anheim, Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorzutragen.
Die Klägerin wiederholte daraufhin ihre ...