Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbarkeit der Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungsausschusses eines berufsständischen Versorgungswerks
Leitsatz (redaktionell)
- Das Mitglied eines Kollektivorgans eines berufsständischen Versorgungswerks ist kein Unternehmer, wenn es diese Tätigkeit nicht mit eigenem wirtschaftlichen Risiko ausübt.
- Eine variable Vergütung für die Teilnahme an Sitzungen des Kollektivorgans begründet ohne nennenswerte Einflussmöglichkeiten des Mitglieds auf solche Termine kein wirtschaftliches Risiko.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 10, 9; UStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die umsatzsteuerliche Behandlung der Tätigkeit eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Mitglieds des Verwaltungsausschusses eines berufsständischen Versorgungswerks in den Jahren 2012 bis 2016 streitig.
I.
Die Klägerin wurde zur Sicherung der Kammerangehörigen im Alter und bei Berufsunfähigkeit sowie zur Sicherung der Hinterbliebenen errichtet (sog. berufsständisches Versorgungswerk). Sie erzielte in den Streitjahren unter anderem sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch umsatzsteuerfreie Vermietungsumsätze.
Die Klägerin ist eine Einrichtung der ..., einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dennoch ist die Klägerin teilrechtsfähig und kann im Rechtsverkehr unter ihrem eigenen Namen handeln, klagen und verklagt werden. Sie verwaltet ein eigenes Vermögen, das nicht für Verbindlichkeiten der Kammer haftet. Sie wird gerichtlich und außergerichtlich durch das vorsitzende Mitglied des Verwaltungsausschusses vertreten.
Die Organe der Klägerin sind die Kammerversammlung, der Aufsichtsausschuss, der Verwaltungsausschuss und die Geschäftsführung.
Zu den Aufgaben des Aufsichtsausschusses gehört die Aufstellung von Richtlinien für die Verwaltung der Klägerin, Prüfung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Risikolage, Aufstellung von Richtlinien für die Kapitalanlage der Klägerin, Beschlussfassung über Erwerb, Veräußerung und Bebauung von Grundstücken.
Der Verwaltungsausschuss leitet die Klägerin und bedient sich dabei einer Geschäftsführung. Die Geschäftsführung besorgt die Angelegenheiten der Klägerin nach Weisung des Verwaltungsausschusses. Der Verwaltungsausschuss ist für die Durchführung der Beschlüsse der Kammerversammlung und des Aufsichtsausschusses verantwortlich. Der Verwaltungsausschuss besteht aus vier der Kammer angehörenden Mitgliedern und drei weiteren sog. nichtberufsständischen Mitgliedern.
Die Kammerversammlung wählt den Vorsitzenden, den stellvertretenden Vorsitzenden und zwei weitere ehrenamtliche Mitglieder sowie die nichtberufsständischen Mitglieder des Verwaltungsausschusses jeweils für die Dauer von fünf Jahren. Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses können nicht gleichzeitig Mitglieder des Aufsichtsausschusses sein. Der Verwaltungsausschuss fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder.
Die Tätigkeit der berufsständischen Mitglieder des Verwaltungsausschusses ist ehrenamtlich. Aufwandsentschädigungen und Kostenerstattungen werden durch Beschluss der Kammerversammlung festgelegt. Über die Höhe der Entschädigung der nichtberufsständischen Mitglieder des Verwaltungsausschusses entscheidet der Aufsichtsausschuss.
In den Streitjahren setzte sich die Entschädigung der nichtberufsständischen Mitglieder des Verwaltungsausschusses aus einer pauschalen Aufwandsentschädigung sowie für die Teilnahme an Sitzungen/Tagungen aus einem Sitzungsgeld, einer (zusätzlichen) Entschädigung für zeitliche Inanspruchnahme (Zeitverlust) durch die jeweilige Sitzung/Tagung und aus einem Fahrt- bzw. Reisekostenersatz für Tätigkeiten im Verwaltungsausschuss sowie Teilnahme an sonstigen Sitzungen in Höhe von 0,70 € je km zusammen.
II.
Im Rahmen einer aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 7. Juni 2017 durchgeführten Außenprüfung beanstandete der Außenprüfer unter anderem die umsatzsteuerliche Behandlung der Tätigkeit des nichtberufsständischen Mitglieds des Verwaltungsausschusses, Herrn A, dessen Wohnsitz sich in den Streitjahren im übrigen Gemeinschaftsgebiet befand.
In den Streitjahren erhielt A die nachfolgend aufgeführten Beträge:
...
Der nicht unerhebliche Auslagen- und Fahrtkostenersatz resultierte aus den Flugkosten, Hotelübernachtungen sowie der Inanspruchnahme entgeltlicher Parkmöglichkeiten aufgrund des weit entfernten Wohnortes des A.
Nach Auffassung des Außenprüfers seien die an A geleisteten Zahlungen bei der Klägerin vollständig der Umsatzsteuer zu unterwerfen, weil es sich bei dessen Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungsausschusses der Klägerin um eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung handele, für die die Klägerin aufgrund der Ansässigkeit des leistenden Unternehmers A im übrigen Gemeinschaftsgebiet die Umsatzsteuer als Leistungsempfängerin nach § 13b Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) schulde. Da A aber im Verwaltungsausschuss für Finanzanlagen zuständig sei, bestünde kein zusätzlicher Vorsteuerabzug.
Während die Klägerin die Auffassung vertra...