vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfärbewirkung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Für den Beginn der Abfärbewirkung im Zusammenhang mit einer gewerblichen Betätigung kommt es darauf an, ob die gewerbliche Tätigkeit aufgenommen wird.
- Bei Beteiligung einer gewerblich tätigen PersG beginnt die Abfärbewirkung mit der mitunternehmerischen Beteiligung.
- Ein Absehen von der sog. Abfärbewirkung aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kann nur in engsten einzugrenzenden Ausnahmefällen in Betracht kommen. Bei hohen Erträgen aus der Beteiligung oder einer hohen Beteiligungsquote liegt eine „ganz geringfügige Beteiligung” nicht vor.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alternative Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Klägerin ist eine im Handelsregister eingetragene Kommanditgesellschaft, deren Gesellschaftszweck ausweislich § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages die Verwaltung eigenen Vermögens ist. Persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalbeteiligung ist die … GmbH. Neben der Komplementärin ist gem. § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der einzige Kommanditist, Herr …, mit Geschäftsführungsbefugnis ausgestattet.
Im Jahr 2004 übertrug der Kommanditist die von ihm privat gehaltenen Anteile an der … GmbH (im Folgenden: GmbH) auf die Klägerin. Nach der Veräußerung eines Teils der Anteile noch im Jahr 2004 betrug der Anteil am Stammkapital … € von insgesamt … € und mithin rund 18,32%. Mit Kaufvertrag vom 14. Oktober 2005 erwarb die Klägerin eine Beteiligung an der … KG (im folgenden KG) in Höhe einer Kommanditeinlage von ca. … DM entsprechend … € zu einem Kaufpreis von … €. Das übernommene Kapital entspricht einer Beteiligung am Vermögen und am Ertrag der KG in Höhe von 20%. Der Erwerb der Beteiligung erfolgte dabei mit wirtschaftlicher Rückwirkung zum 1. Juli 2005. Das Wirtschaftsjahr der KG läuft vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres. Geschäftsgegenstand der KG ist die Erzeugung und Verarbeitung von … sowie der Handel mit diesen Waren. Die KG wurde steuerlich vom zuständigen Finanzamt als gewerbliche Mitunternehmerschaft qualifiziert. Anderes Vermögen verwaltete die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2005 nicht. Aus der KG wurde der Klägerin erstmals für das Jahr 2006 ein Gewinn in Höhe von 231.309 € bei Betriebseinnahmen von rund 250.000 € zugewiesen.
In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2005 gab die Klägerin ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen an, deren Höhe./. 61.327 € betrug. Davon entfielen./. 8,70 € auf den Zeitraum ab dem 14. Oktober 2005. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte dieser Auffassung nicht und stellte mit Bescheid vom 19. Juli 2007 ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der von der Klägerin angegebenen Höhe fest. Aufgrund der Beteiligung an der KG führe die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes – JStG – 2007 zur Umqualifizierung der Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb. Denn aufgrund dieser Abfärberegelung gelte auch die gesamte Tätigkeit der Klägerin in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Es sei dabei unbeachtlich, dass die KG ein abweichendes Wirtschaftsjahr habe und erstmals im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Jahr 2006 gewerbliche Einkünfte zuzurechnen seien. Denn die Klägerin nehme bereits seit Abschluss des Kaufvertrages als Mitunternehmerin am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Unter dem 30. Mai 2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheides nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Die Klägerin sei als vermögensverwaltende Persongesellschaft zu qualifizieren und eine gewerbliche Infizierung der Einkünfte liege nicht vor. Das FA lehnte den Antrag ab, ebenso wie es den dagegen eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2008 als unbegründet zurückwies. Die Voraussetzung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG seien erfüllt. Zwar sei die hier in Streit stehende 2. Alternative der Vorschrift erst aufgrund des JStG 2007 vom 13. Dezember 2006 in das EStG aufgenommen worden. Es handele sich dabei aber nur um eine gesetzliche Klarstellung der bis dahin ununterbrochen geltenden Regelung, die auch von der vorherigen Rechtsprechung bestätigt worden sei. Auf die abweichende Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Oktober 2004 (IX R 53/01, BStBl. II 2005, 383) habe die Verwaltung sogleich mit einem Nichtanwendungserlass (BMF-Schreiben vom 18. Mai 2005 IV B 2-S 2241-34/05, BStBl. I 2005, 698) reagiert. Damit stünde der rückwirkenden Anwendbarkeit der Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kein schutzwürdiges Vertrauen entgegen, so dass an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht zu zweifeln sei. Sei aber d...