vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung und Verpachtung: Strafverteidigungskosten als Werbungskosten?

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Strafverteidigungskosten können bei VuV als WK abgezogen werden, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein objektiver Zusammenhang besteht.
  2. Strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, können Erwerbsaufwendungen begründen. Aufwendungen die durch strafbare Handlungen ausgelöst werden, sind nicht ohne weiteres der privaten Lebensführung zuzuordnen.
  3. Strafverteidigungskosten unterliegen dem WK–Abzug, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Stpfl. zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist.
  4. Der erforderliche Erwerbsbezug zwischen Strafverteidigungskosten und den Einnahmen aus VuV ist gegeben, wenn die dem Stpfl. zur Last gelegte Tat – hier: Steuerhinterziehung durch Vorspiegeln eines Mietverhältnisses mit dem Ziel, an sich privat veranlasste Erhaltungsaufwendungen steuerlich abziehen zu können - ausschließlich und unmittelbar nur aus der Erwerbstätigkeit heraus erklärbar ist.
  5. Der Erwerbsbezug ist zu verneinen, wenn die Erwerbstätigkeit nur die Gelegenheit zur Straftat schafft.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2006, 2007

 

Tatbestand

Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Die Klägerin ist Architektin und betreibt in den Streitjahren 2006 und 2007 ein Ingenieurbüro für bautechnische Gesamtplanung als Einzelunternehmen. Zudem erzielt sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von zwei Reihenhäusern in Wolfsburg.

Gegen die Klägerin wurde am 14. Oktober 2005 von dem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen in Braunschweig ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts von Steuerstraftaten bezüglich Einkommensteuer 2000 – 2004 eingeleitet. Es bestand der Verdacht, dass die Klägerin seit 2000 mit ihrem Mieter eine eheähnliche Lebensgemeinschaft geführt und das Mietverhältnis vorgetäuscht habe, um Kosten für das gemeinsam bewohnte Reihenhaus steuerlich abzusetzen. Das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde am 18. Mai 2010 gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Aufgrund der Feststellungen der Steuerfahndung änderte der Beklagte gleichwohl die Ausgangsbescheide zur Einkommensteuer 2000 – 2003 gemäß § 173 AO und berücksichtigte dabei die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr. Für 2004 erging ein entsprechender erstmaliger Einkommensteuerbescheid.

Für die Jahre 2000 – 2003 hatten die hiergegen gerichteten Einsprüche Erfolg. Der Beklagte setzte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wieder antragsgemäß an. Der Einspruch wegen Einkommensteuer 2004 wurde durch Einspruchsbescheid vom 16. Juni 2010 als unzulässig verworfen.

In ihren steuerlichen Angelegenheiten wurde die Klägerin nach Aktenlage vom Jahre 2002 an durchgängig von Steuerberatern bzw. ab 2009 von Steuerberatungsgesellschaften gegenüber dem Finanzamt (FA) vertreten.

Daneben beauftragte die Klägerin zur Vertretung im oben genannten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren im Dezember 2005 und anschließend im Juni 2006 verschiedene Rechtsanwälte. Die Kosten für deren Leistungen beliefen sich in 2006 auf 608,12 EUR und in 2007 auf 7.139,85 EUR.

Im Veranlagungs- und nachfolgendem Einspruchsverfahren für die Streitjahre 2006 und 2007 lehnte das beklagte FA die Anerkennung der Rechtsanwaltskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ab. Der Beklagte führte in seiner Einspruchsentscheidung aus, dass sich die von der Klägerin erteilten Vollmachten nicht auf die Vertretung in steuerlichen Angelegenheiten erstreckten. Es sei von einer Aufgabenteilung dergestalt auszugehen, dass die Steuerberater/Steuerberatungsgesellschaften die steuerlichen Belange abdeckten und die Rechtsanwälte lediglich im Strafverfahren tätig geworden seien. Es handele sich insoweit um nicht abzugsfähige Strafverteidigungskosten. In der Einspruchsentscheidung verweist der Beklagte in diesem Zusammenhang auf das BFH-Urteil vom 20. September 1989 (X R 43/86, BStBl II 1990, 20), wonach Steuerberatungskosten/Rechtsanwaltskosten nach Einleitung eines Strafverfahrens nicht abzugsfähig seien, auch wenn die Aufwendungen die Ermittlung des objektiven Steuerstraftatbestands beträfen.

Gegen den entsprechenden Einspruchsbescheid des beklagten FA vom 19. April 2013 richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten seien Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Wie aus den Stundennachweisen der Rechtsanwälte ersichtlich sei, befassten sich diese vor allem mit der Sachverhaltsermittlung und somit der Frage, ob ein Vermietungsverhältnis vorgelegen habe oder nicht. Grundsätzlich habe eine solche Frage auch im Rahmen eines Ausk...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?