vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 35/21)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbescheid gegen ausländische Vergütungsschuldner nach § 50 a EStG für künstlerische Darbietung
Leitsatz (redaktionell)
§ 50 a Abs. 4 Satz 1 EStG ist in Anwendbarkeit und Auslegung der Rechtsprechung des BFH und des EuGH europarechtskonform.
Einer Einbbehaltungs- und Abführungspflicht nach § 50 Abs. 4 EStG steht nicht entgegen, dass es sich bei den engagierten Künstlern um Ensembles handelt, die nach der Behauptung des Vergütungsschuldners durch ausländische Mittel gefördert worden sind.
Der Einbehaltungs- und Abführungspflicht stehen die Regelungen der DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den jeweiligen Wohnsitzstaaten der Künstler und dem Sitzstaat des Vergütungsschuldners nicht entgegen.
Normenkette
EStG § 50a Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte die Klägerin für Abzugssteuern nach § 50 a Abs. 4 Nr. 1 Einkommensteuergesetz in den Fassungen des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl. I 1995, 1250), des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I 1996, 2049) und des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I 1999, 402) im Zeitraum 1996 bis 1. Quartal 1999 („Künstlerabzugssteuer”) als Haftende auf der sogenannten 2. Stufe in Anspruch nehmen durfte.
Die Klägerin ist eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Österreich. Sie betrieb im Streitzeitraum eine Konzertdirektion und war nicht selbst künstlerisch tätig. Ihre Tätigkeit bestand u. a. darin, für im Inland durchgeführte kulturelle Veranstaltungen Künstler zur Verfügung zu stellen. Hierzu verpflichtete sie inländische und ausländische Künstler bzw. Künstlergruppen, die bei den von ihr organisierten Aufführungen mitwirkten. Die Klägerin schloss für jede Veranstaltung zum einen mit dem Veranstalter, oft städtischen Kulturvereinen, einen Werkvertrag, in dem die Vergütung vereinbart war, die die Klägerin vom Veranstalter erhielt (sogenannte 1. Stufe), sowie einen weiteren Vertrag mit den Künstlerensembles, in dem u. a. das Honorar vereinbart war, das die Künstler erhielten (sogenannte 2. Stufe). Für die Realisierung der Projekte bediente sie sich ferner verschiedener Dienstleistungserbringer.
Der Beklagte erhielt durch vom Bundesamt für Finanzen übermittelte Durchschriften von Freistellungsbescheiden nach § 50 d Abs. 3 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) davon Kenntnis, dass die Klägerin wie in den Vorjahren auch in der beschriebenen Weise in Deutschland Künstler vermittelt hatte. Da sie auch nach bestandskräftiger Festsetzung eines Zwangsgeldes für 1997 keine Steueranmeldungen nach § 50 a Abs. 5 Satz 3 EStG abgegeben hatte, nahm der Beklagte sie auf der sogenannten 2. Stufe gemäß § 73 g Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) mit Haftungsbescheiden vom xx. Oktober 1999 (1. bis 4. Quartal 1997), vom xx. Oktober 1999 (1. bis 4. Quartal 1998), vom xx. November 1999 (1. Quartal 1999) und vom xx. November 1999 (1. bis 4. Quartal 1996) in Anspruch. Dabei schätzte er die Höhe der in den einzelnen Quartalen von der Klägerin an die Künstler gezahlten Vergütungen. Die danach abzuführende Einkommensteuer berechnete er unter Anwendung eines Steuersatzes von 25 v. H. nach § 50 a Abs. 4 Satz 2 EStG; der Solidaritätszuschlag betrug 7,5 v. H. (für 1996 und 1997) sowie 5,5 v. H. (für 1998 und 1999). Gegen die Haftungsbescheide erhob die Klägerin am xx. November und xx. Dezember 1999 Einsprüche. Dabei trug sie vor, dass für Zahlungen an ausländische Künstler von ihr prinzipiell kein Steuerabzug vorzunehmen, mithin auch eine Haftung unzulässig sei. Dies folge aus dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Republik Österreich (DBA). Zudem seien die vier Haftungsbescheide inhaltlich zu unbestimmt und daher rechtswidrig.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens übersandte der Beklagte am xx. April 2000 Auflistungen der Veranstaltungen, die er bei der Schätzung der abzuführenden Steuern zugrunde gelegt hatte. Am 27. Juli 2000 übermittelte die Klägerin eine Aufstellung der einzelnen Künstler bzw. Künstlergruppen, an die sie die verschiedenen Honorare geleistet hatte. Dabei hob sie hervor, dass es sich bei den Zahlungen teilweise um Diäten, teilweise um die Bezahlung von Hotelkosten und teilweise um die Zahlung für Fahrtkosten gehandelt habe. Die Einspruchsverfahren ruhten zunächst längere Zeit wegen entsprechender vor dem Bundesfinanzhof (BFH) und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängiger Verfahren. So hatte das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 23. Mai 2001 8 K 1045/97 E (EFG 2001, 1376) für das Jahr 1996 entschieden, dass eine österreichische Konzertdirektion, die auf Grund eines Vertrages mit einem inländischen Konzertveranstalter verpflichtet sei, die Honorare an selbständige, ausländische Künstler für deren Auftreten in Deuts...