Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsbeschränkung für häusliches Arbeitszimmer, wenn ein sog. Mitarbeiterzimmer im Kindergarten zur Verfügung steht
Leitsatz (redaktionell)
- Die Frage, ob ein Stpfl. seinen „anderen Arbeitsplatz” in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nutzen kann, muss anhand der objektiven Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes selbst als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung ergeben.
- Ein sog. „Mitarbeiterzimmer im Kindergarten” stellt keinen anderen Arbeitsplatz i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2, zweite Alternative EStG dar, wenn das Mitarbeiterzimmer für die Erledigung der Verwaltungsaufgaben nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2
Streitjahr(e)
2000, 2001
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten.
Die Klägerin ist von Beruf Erzieherin. Sie leitet eine von 4 Kindergruppen (jeweils 25 Kinder) im ev.-luth. Kindergarten X. In den Streitjahren wurde sie antragsgemäß einzeln zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit den Einkommensteuererklärungen für 2000 und 2001 machte die Klägerin Kosten für ihr häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 2.126 DM bzw. 2.055 DM geltend. Die Kosten, die der Höhe nach unstreitig sind, setzten sich jeweils zusammen aus anteiliger Abschreibung, anteiligen Schuldzinsen und anteiligen Nebenkosten, wie Strom, Wasser, Grundsteuer. Eine Grundrisszeichnung der Wohnung der Klägerin mit der Kennzeichnung der Lage des Arbeitszimmer wurde im Klageverfahren nachgereicht. Die Klägerin gab an, das häusliche Arbeitszimmer sei erforderlich, da ihr für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Da die Klägerin der Aufforderung zur Rücksendung eines Fragebogens zur Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers nicht nachkam, lehnte der Beklagte den Abzug der beantragten Arbeitszimmerkosten in den Einkommensteuerbescheiden vom 4. November 2002 ab. Hiergegen legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein. Sie übersandte die angeforderten Fragebögen mit Schreiben vom 12. November 2002 und begründete den Einspruch wie folgt: Notwendige Arbeiten wie das Vorbereiten von Bastelarbeiten, Kinderfesten und Spielen müssten zu Hause vorgenommen werden, da im Kindergarten kein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Aufgrund des Trubels sei es nicht möglich, die Arbeiten vor Ort vernünftig auszuführen. Zu diesem Zweck habe sie ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet, welches mit einem Schreibtisch, einem Basteltisch und einem Regal ausgestattet sei und ausschließlich ihrer Tätigkeit als Erzieherin diene. Zudem reichte sie mit Schreiben vom 15. Januar 2003 eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers, der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde D vom 14. Januar 2003 ein. Der Arbeitgeber bescheinigte, dass im Kindergarten kein geeigneter Arbeitsplatz für die Vor- und Nachbereitung, wie das Erstellen der Entwicklungsberichte, Gruppentätigkeitsberichte, Vorbereitung der monatlichen Elterngespräche, Anfertigung von Beobachtungsbögen usw. vorhanden sei. Das im Kindergarten vorhandene Mitarbeiterzimmer werde von acht Kolleginnen für Dienstgespräche, Elterngespräche und Kleingruppenarbeit mit den Kindern genutzt.
Am 26. Mai 2003 führte der Beklagte eine Arbeitsplatzbesichtigung durch. Im Zusammenhang mit der Besichtigung teilte die Leiterin des Kindergartens mit, dass sich die Kinder in der Zeit von 7.30 bis 13.00 Uhr im Kindergarten befänden und nachmittags keine Kindergartengruppen im Kindergarten betreut würden. In den Nachmittagsstunden bereiteten nach Angabe der Leiterin die Erzieherinnen einzelne Kindergartenstunden für die jeweiligen Gruppen vor, es würden Elterngespräche geführt, Verbindungen zu den örtlichen Vereinen gepflegt usw. Der Mitarbeiterraum stehe allen Erzieherinnen zur Verfügung, er könne nach Absprache einzeln oder auch von mehreren genutzt werden. Nach den Feststellungen des Beklagten waren im Streitjahr im Kindergarten zehn Mitarbeiter beschäftigt. Weiterhin wurde festgestellt, dass in dem 20 qm großen Mitarbeiterzimmer ein großer ovaler Tisch mit zehn Sitzgelegenheiten, Schränken mit Fachliteratur, Kopierer, Telefon vorhanden waren und eine Teeküche sich in einem separaten Raum befand. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse kam der Beklagte zu dem Ergebnis, dass das Mitarbeiterzimmer ausreiche, die geforderten Arbeiten im Kindergarten zu erledigen und wies die Einsprüche als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: Bei der Frage, ob beim Arbeitgeber ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitsplatz im Kindergarten allen Erzieherinnen zur Verfügung stehe. Dieser sei...