Entscheidungsstichwort (Thema)

Spekulationsfrist bei ausstehender Genehmigung für ein Grundstücksgeschäft. Einkommensteuer 1994

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.10.2001; Aktenzeichen IX R 45/99)

 

Tenor

Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids vom 22. Januar 1996 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 11. November 1996 und des. Änderungsbescheids vom 9. April 1997 wird die Einkommensteuer 1994 auf 25.430 DM herabgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höbe der an die Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des Verfahrens sind der Einkommensteuerbescheid 1994 vom 22. Januar 1996 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 11. November 1996 und des Änderungsbescheids 1994 vom 9. April 1997; diesen haben die Kläger gem. § 68 FGO fristgerecht, wie das Gericht festgestellt hat, zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Verkauf einer Eigentumswohnung innerhalb der Zweijahresfrist des § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) erfolgt ist und deshalb ein einkommensteuerpflichtiger Spekulationsgewinn entstanden ist.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 2. Juli 1992 erwarb die Klägerin eine Eigentumswohnung in B. Die Anschaffungskosten betrugen 105.000 DM. Mit notariellem Vertrag vom 7. Juni 1994 veräußerte die Klägerin diese Eigentumswohnung an die Eheleute K. Diese traten in der Beurkundungsverhandlung persönlich nicht auf. Für sie handelte als vollmachtlose Vertreterin die Notariatsangestellte des Notars, Frau B. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 165.000 DM. Den Eheleuten K. war als Erwerbern der notarielle Kaufvertrag vorher inhaltlich bekannt geworden. Sie genehmigten diesen mit notariell beurkundeter Erklärung am 8. Juli 1994.

Der Beurkundungstermin wurde seinerzeit nur deshalb auf den 7. Juni 1994 gelegt, weil die Klägerin sonst extra von ihrem neuen Wohnort L. hätte anreisen müssen. Die Kläger waren nämlich bereits am 15. Juni 1994 aus ihrer früheren Wohnung ausgezogen. Die Übergabe der geräumten Wohnung sollte erst am 15. Juli 1994 erfolgen. Den Erwerbern K. wäre ein späterer Vertragsschluss deshalb auch recht gewesen. Diese besaßen kein Interesse an einer Rückwirkung ihrer Genehmigungserklärung.

Da die Kläger von der Bedeutung der Spekulationsfrist erfahren hatten, holten sie beim Finanzamt … in der Lohnsteuerabteilung eine Auskunft des Sachbearbeiters S. telefonisch ein. Der Kläger teilte dem Sachbearbeiter die geplanten Modalitäten des Vertragsabschlusses, so wie er durchgeführt worden ist, mit. Der Sachbearbeiter S. erteilte daraufhin die Auskunft, dass der Vertrag erst nach Genehmigung durch die Käufer wirksam werde, sofern die Genehmigung nach Ablauf der zweijährigen Spekulationsfrist erteilt werde. Eine ähnliche Auskunft erhielt die Klägerin vom Notarvertreter Rechtsanwalt … R.

Nachdem die Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 22. Januar 1996 wegen der Nichtberücksichtigung von Werbungskosten Einspruch eingelegt hatten, erfuhr das Finanzamt während des Vorverfahrens von dem Grundstücksgeschäft. Nach einer entsprechenden Ankündigung erfasste es den aus dem Grundstücksgeschäft entstandenen Gewinn von 51.870 DM im Einspruchsbescheid vom 11. November 1996, in dem es gleichzeitig die mit dem Einspruch geltend gemachten Werbungskosten anerkannte.

Dagegen wenden sich die Kläger und machen mit ihrer Klage geltend:

Der bei der Klägerin erfasste Gewinn aus der Veräußerung der Eigentumswohnung unterliege nicht der Steuerpflicht nach § 23 EStG. Mangels eindeutiger Regelungen im Kaufvertrag und in der Genehmigungserklärung selbst bedürften die Parteierklärungen wegen einer Rückwirkung der Auslegung. Dabei sei auf die Interessenlage sowie die im Zusammenhang mit der Beurkundung stehenden Erklärungen der Parteien auszugehen. Es habe weder im Interesse der Klägerin noch im Interesse der Käufer gelegen, der Genehmigung eine Rückwirkung zuzuschreiben. Die Kläger hätten vielmehr klargestellt, dass sie vor Ablauf der Spekulationsfrist keine rechtliche Bindung eingehen wollten. Auch die Käufer hätten kein Interesse an einem rechtswirksamen Kaufvertragsabschluss vor dem Zeitpunkt der Genehmigungserklärung am 8. Juli 1994 gehabt. Die Übergabe der geräumten Wohnung sollte auch erst zum 15. Juli 1994 erfolgen, was dafür spreche, dass den Käufern auch ein späterer Vertragsabschluss genehm gewesen wäre. Im Ergebnis hätten die Vertragspartner deshalb nicht innerhalb der Spekulationsfrist Verhältnisse geschaffen, die wirtschaftlich einem Kaufvertrag gleichstehen oder wirtschaftlich Eigentum übergehen ließen. Hier sei beim Vertragsabschluss am 7. Juni 1994 eine vollmachtlose Notariatsangestellte für die Käufer aufgetreten. Für die Klägerin sei zu diesem Zeitpunkt nicht sicher gewesen, dass die Käufer den Vertragsabschluss überhaupt genehmi...

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