Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Kindergeld bei nach persischem Recht geschlossener und nach deutschem Recht nicht wirksamer Ehe
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer am Gesetzeszweck orientierten einschränkenden Auslegung des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist die Gewährung von Kindergeld an Pflegeeltern nur dann ausgeschlossen, wenn der im gemeinsamen Haushalt lebende leibliche Elternteil kraft Gesetzes anspruchsberechtigt ist.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
1998, 1999, 2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Rückforderung von Kindergeld für ein Kind aus erster Ehe der Frau rechtmäßig ist, nachdem bekannt wurde, dass der Kläger nur nach persischem, nicht nach deutschem Recht als verheiratet gilt.
Der Kläger, der iranischer Staatsbürger ist, lebt als sonstiger politisch Verfolgter i.S. des § 3 Asylverfahrensgesetz in Deutschland. Am 14. Oktober 1994 schloss er im islamischen Zentrum Hamburg mit Frau K. nach persischem Recht in Gegenwart von zwei Zeugen die Ehe (sogenannte Handschuh-Ehe). Diese Ehe ist nach deutschen Recht nicht wirksam, der Kläger gilt insoweit als ledig.
Frau K. verfügt lediglich über eine Aufenthaltsbefugnis, keine Aufenthaltserlaubnis. Aus der „Ehe” mit dem Kläger entstammen zwei Kinder, die weitere Tochter Z. stammt aus einer ersten Ehe von Frau K. und lebte zunächst im Iran. Seit Juli 1998 ist sie in die Haushaltsgemeinschaft des Klägers aufgenommen.
Am 31. März 1998 stellte der Kläger einen Antrag auf Kindergeld für die drei Kinder seiner „Ehefrau”. In dem Antragsvordruck hat der Kläger in der Zeile „Familienstand” das Kästchen „verheiratet” angekreuzt. Daraufhin gewährte der Beklagte ab Januar 1998 Kindergeld, das allerdings für den Zeitraum Februar 1998 bis Mai 1998 an das Sozialamt der Stadt H. abgezweigt wurde.
Am 28. August 2000 sprach Frau K. beim Beklagten vor und teilte mit, dass sie seit dem 24. August 2000 von dem Kläger getrennt lebe. Der Beklagte hob in der Folge die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger ab September 2000 auf. Im Rahmen des sich anschließenden Schriftverkehrs, in dem es darum ging, wem der Kindergeldanspruch zustehe, teilte der Kläger mit Schreiben vom 31. Januar 2001 mit, dass er nur nach persischem Recht verheiratet sei.
Mit Bescheid vom 15. März 2001 hob der Beklagte die Kindergeldfestsetzung für die Tochter Z. ab Februar 1998 auf und forderte das bislang geleistete Kindergeld für den Zeitraum von Februar 1998 bis August 2000 in Höhe von insgesamt 9.300,- DM zurück. Der gegen den Rückforderungsbescheid gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Im Klageverfahren trägt der Kläger vor, er habe sich niemals Gedanken über die Frage gemacht, ob seine Ehe auch nach deutschem Recht anzuerkennen sei. Erst zum Jahreswechsel 2000/2001 habe er von der Unwirksamkeit der Ehe erfahren. Er habe deshalb bei der Beantragung des Kindergeldes weder bewusst noch grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Im Übrigen habe er bereits im März 1998 beim Beklagten die Heiratsurkunde vorgelegt, so dass der Sachbearbeiter damals von den tatsächlichen Verhältnissen Kenntnis erlangt habe. Der Kläger beruft sich insoweit auf das Zeugnis von Frau K., die zusammen mit ihm den Sachbearbeiter der Familienkasse aufgesucht habe. Zumindest für den Zeitraum Februar bis Mai 1998 bestehe keine Erstattungspflicht, weil das Kindergeld für diese Zeit an das Sozialamt der Stadt H. überwiesen worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2001 und den Einspruchsbescheid vom 19. Juni 2001 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass das Kind Z. bei der Kindergeldfestsetzung nicht berücksichtigt werden könne, da es weder ein Kind des Klägers, noch ein Stiefkind sei. Verfahrensrechtlich sei eine Aufhebung des Kindergeldbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO möglich, weil die Tatsache, dass der Kläger nach deutschem Recht nicht verheiratet ist, erst im Jahre 2001 bekannt geworden sei.
Im Verlaufe des Klageverfahrens hat der Beklagte der Klage für den Zeitraum Februar bis Mai 1998 abgeholfen. Das Gericht hat das Verfahren für diesen Zeitraum nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 1 K 629/01 durch Beschluss nach § 138 FGO beendet.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Angestellten des Beklagten C. und F. sowie der Frau K. als Zeugen. Die Zeugen C. und F. haben erklärt, dass sie sich an den Kläger persönlich sowie an den Ablauf der Kindergeldgewährung im konkreten Fall nicht mehr erinnern könnten. Sie wiesen darauf hin, dass bei ausländischen Staatsangehörigen generell der aufenthaltsrechtliche Status überprüft werde, weil davon die Gewährung des Kindergeldes abhänge. Deshalb würden die Pässe kopiert und die gefertigten Kopien zu den Akten genommen. Hinsichtlich des Familienstandes beständen gegenüber inländischen A...