Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Spekulationsgeschäft bei Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäftes ist die „Nämlichkeit” von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut erforderlich.
2. Erwirbt eine Stpfl. aufgrund eines Vorkaufsrechts den Erbanteil ihrer Schwester und wird später ein zum Nachlass gehörendes Grundstück veräußert, so ist ein Spekulationsgeschäft nicht gegeben, weil aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht das Grundstück, sondern der Erbanteil der Schwester erworben wurde.
3. Ein solcher Erwerb erfolgt nicht durch Einigung und Eintragung i.S.d. § 873 BGB, sondern bedarf lediglich der notariellen Beurkundung (§ 2033 BGB).
4. Der Erwerb des Erbanteils gilt nicht als Anschaffung des anteiligen Grundstücks gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG.
5. Eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG auf derartige Fälle kommt mangels einer ungewillten Regelungslücke nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 2; BGB §§ 873, 2033
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin sonstige Einkünfte im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG aus der Veräußerung eines Grundstücks erzielt hat.
Die Klägerin und ihre Schwester, B, beerbten ihren am…1995 verstorbenen Vater. Dieser hatte mit Testament vom…1994 (Nr. .. der Urkundenrolle Jahrgang 1994 des Notars N in...) seine beiden Töchter zu Erben je zur Hälfte eingesetzt, und zwar als Vorerben. Nacherbin nach dem Tode von B sollte die Klägerin sein, ersatzweise deren eheliche Kinder ggf. zu gleichen Teilen. Nacherben nach dem Tode der Klägerin sollten deren eheliche Kinder ggf. zu gleichen Teilen sein (§§ 2 und 3 des Testaments). Die Klägerin hat eine, 19.. geborene, Tochter.
Zu dem Nachlass gehörten u.a. mehrere mit Mehrfamilienhäusern bebaute, sowie unbebaute Grundstücke. B schloss am…1995 einen Erbteilsübertragungsvertrag (Nr. .. der Urkundenrolle Jahrgang 1995 des Notars N in ...) mit der in Gründung befindlichen x GmbH. Darin trat sie ihren Erbanteil mit sofortiger dinglicher Wirkung gegen Zahlung eines Kaufpreises von (rund) DM 300.000,-- ab. Die Besitzübergabe erfolgte am…1995. Die x GmbH sollte ferner die von B zu entrichtende Erbschaftsteuer tragen.
Die Klägerin übte durch schriftliche Erklärung vom…1995 ihr Vorkaufsrecht sowohl gegenüber der x GmbH als auch gegenüber ihrer Schwester aus und verlangte die Übertragung des Erbanteiles gegen Erstattung des vereinbarten Kaufpreises und der entstandenen Aufwendungen. Die x GmbH lehnte dies ab, da die Klägerin ihr Vorkaufsrecht nicht fristgerecht ausgeübt habe. Das Landgericht…verurteilte die x GmbH mit Urteil vom…1996 (Aktenzeichen ...), den Erbanteil auf die Klägerin zu übertragen; dies erfolgte mit Vertrag vom ...1996 (Nr. .. der Urkundenrolle für 1996 des Notars B in ...).
Mit Vertrag vom…1996 (Nr. .. der Urkundenrolle des Jahrgangs 1996 des Notars M in...) veräußerte die Klägerin das zum Nachlass gehörende Grundstück in A-Stadt, A-Str..., für rund DM 1.300.000,--. Die Tochter der Klägerin stimmte der Veräußerung zu.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger einen Spekulationsgewinn aus der Veräußerung des Grundstücks A-Str. in Höhe von rund DM 24.000,--. Dabei verteilten sie die Anschaffungskosten für den Erbanteil auf die zum Nachlass gehörenden Grundstücke nach dem Verhältnis der Verkehrswerte und legten einen teilentgeltlichen Erwerb durch die Klägerin zu Grunde. Mit Schreiben vom…erläuterten die Kläger, die Klägerin habe durch Ausübung ihres Vorkaufsrechts lediglich den hälftigen Erbanteil ihrer Schwester in deren Stellung als nicht befreite Vorerbin erworben. Nur hinsichtlich dieses entgeltlich erworbenen Teiles liege eine Anschaffung und ein Spekulationsgeschäft vor. Der Erbanteil in seiner Substanz habe der Klägerin schon wegen ihrer Einsetzung als Nacherbin durch das Testament und somit unentgeltlich zugestanden. Dieses finde seinen Niederschlag in dem gegenüber dem Verkehrswert des Grundstücks geringen Kaufpreis von DM 300.000,--.
Im Einkommensteuerbescheid vom…setzte das FA die Einkommensteuer unter Ansatz sonstiger Einkünfte der Klägerin in Höhe von rund DM 550.000,-- fest. Der Klägerin und ihrer Schwester sei durch das Testament das Vermögen zur gesamten Hand als Miterben zu je ½ übertragen worden. Über diesen Erbteil könne nach § 2033 Abs. 1 BGB jeder Miterbe verfügen. Die Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB zur Sicherung der Rechte des Nacherben greife nicht ein, weil B nicht einen Grundstücksanteil, sondern ihren Gesamthandsanteil veräußert habe. Deshalb habe die Klägerin durch rechtskräftige Ausübung ihres gesetzlichen Vorkaufsrechts, mit Erbanteilsübertragungsvertrag vom…1996, den von ihrer Schwester veräußerten hälftigen Anteil am Nachlass in vollem Umfang entgeltlich erworben. Durch die Veräußerung des Grundstücks mit Vertrag vom…1996 seien die zeitlichen Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. ...