Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen der Eingliederungshilfe
Leitsatz (redaktionell)
Leistungen eines Unternehmers als Heilerziehungspfleger im Rahmen der Eingliederungshilfe sind weder nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG noch unter Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerbefreit, wenn die Betreuten sie aus ihren Persönlichen Budget bezahlen.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. l; EGRL 112/2006 § 132 Abs. 1 Buchst. g
Streitjahr(e)
2020
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Leistungen des Klägers als Heilerziehungspfleger im Rahmen der Eingliederungshilfe, die von den betreuten Personen über deren Persönliches Budget nach § 29 SGB IX honoriert werden, im Streitjahr 2020 nach § 4 Satz 1 Nr. 16 Buchst. l Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerbefreit sind.
Der Kläger ist staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger und war im ersten Vierteljahr 2020 in dem Bereich der Eingliederungshilfe sozialpädagogischer Unterstützungsleistungen im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens tätig. Die zu betreuenden Personen beauftragten ihn und beglichen seine Honorarrechnungen aus ihren Persönlichen Budgets.
Der Kläger reichte trotz Erinnerung für das 1. Quartal 2020 keine Umsatzsteuer-Voranmeldung ein. Der Beklagte erließ deshalb am xx. Juli 2020 einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für dieses Quartal auf der Grundlage geschätzter Besteuerungsgrundlagen. Dabei berücksichtigte er 2.000 € als steuerfreie Umsätze, 7.000 € als steuerpflichtige Umsätze zum allgemeinen Steuersatz und abzugsfähige Vorsteuer in Höhe von 60 €. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Gegen den Verwaltungsakt erhob der Kläger am xx. Juli 2020 Einspruch. Er habe im 1. Quartal zwei längere Krankenhausaufenthalte gehabt und deshalb die geschätzten Umsätze nicht erzielen können. Der Kläger reichte eine Aufstellung für die Monate Januar bis August 2020 ein, aus denen sich seine Einnahmen aus der ambulanten Betreuung ergaben. In einer Besprechung an Amts Stelle am xx. September 2020 führte der Kläger weiter aus, dass die Beauftragung durch die Betreuten und die Bezahlung aus deren Persönlichen Budgets einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe l UStG nicht entgegenstünden. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 28. Juni 2017 XI R 23/14 (BFH/NV 2017, 1561) sei nicht überzeugend, an der Art seiner Tätigkeit habe sich unabhängig von der Person des Beauftragenden und des Zahlenden nichts geändert. Zudem gebe der Landkreis vor, welche Leistungen überhaupt in Anspruch genommen werden dürften, in den meisten Fällen zahle der Landkreis sogar direkt. Seit Mitte 2018 habe er fast ausschließlich im Rahmen des Persönlichen Budgets seiner Kunden Leistungen erbracht.
Der Rechtsbehelf hatte insoweit Erfolg, als die festgesetzte Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der eingereichten Aufstellung des Klägers von 1.300 € auf 300 € gemindert wurde. Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er im Einspruchsbescheid vom xx. November 2020 aus, dass eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a bis k UStG schon deshalb nicht in Betracht komme, weil der Kläger für seine Tätigkeiten keine Verträge oder Vereinbarungen nach den verschiedenen Vorschriften des Sozialrechts geschlossen habe. Seine erzielten Umsätze seien auch nicht nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe l UStG steuerbefreit, weil er nur Leistungen erbracht habe, die die Betreuten über ihr Persönliches Budgets bezahlt hätten. Die Leistungsbeziehungen bestünden ausschließlich zwischen dem Kläger und seinen hilfebedürftigen Kunden. Der Landkreis sei nicht der Empfänger der jeweiligen Leistungen, eine Bezahlung durch ihn im Rahmen eines abgekürzten Zahlungswegs ändere an diesem Befund nichts. Auch der BFH vertrete in dem vom Kläger zitierten Urteil diese Auffassung.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Dies ergebe sich aus einer Interpretation der Entscheidungsgründe aus dem fraglichen Urteil des BFH vom 28. Juni 2017 (XI R 23/14). Auch der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages habe sich aufgrund einer eingereichten Petition (Pet 3-17-112171-0367713) am 21. März 2013 dahingehend positioniert, dass die Tätigkeiten der sozialen Berufe weitgehend steuerlich zu entlasten seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für das erste Quartal 2020 vom xx. Juli 2020 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xx. November 2020 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest. Ergänzend stellt er klar, dass der Kläger unstreitig nur in den Jahren 2015 bis Juni 2018 als Subunternehmer für die Stiftung Bethel, Bereich Bethel im Norden tätig gewesen sei. Nunmehr werde er direkt von seinen Klienten beauftragt, die ihn aus ihren Persönlichen Budgets bezahlten.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom xx....