Entscheidungsstichwort (Thema)
Zinsen zur KSt 1994 – Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO
Leitsatz (redaktionell)
- Führt die Festsetzung der KSt zu einem Unterschiedsbetrag, ist dieser gemäß § 233a Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsen.
- Zum Beginn des Zinslaufs nach § 233a AO.
- Für eine gemäß § 233a Abs. 5 AO zu ändernde Zinsberechnung ist es unerheblich, ob die Finanzbehörde ursprünglich festgesetzte Nachzahlungszinsen erlassen oder aus Billigkeitsgründen abweichend mit 0 Euro festgesetzt hat.
- Zum Zweck des § 163 AO.
- Die Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO sind Ermessensentscheidungen, die nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden können.
- Die Erhebung einer Steuer kann nur unbillig sein, wenn die Steuerfestsetzung zwar dem Buchstaben des Gesetzes entspricht, jedoch im Einzelfall mit Sinn und Zweck des Gesetzes unvereinbar ist.
Normenkette
AO §§ 163, 233
Streitjahr(e)
1994
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von (weiteren) Zinsen zur Körperschaftsteuer 1994 gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) i.H.v. 1.738.444 EUR.
Die Klägerin reichte am xx.xx 1996 beim Beklagten die Körperschaftsteuererklärung für 1994 ein. Auf der Grundlage der erklärten Daten erließ der Beklagten am 14. Mai 1996 gegenüber der Klägerin den Erstbescheid für 1994 über Körperschaftsteuer mit einer Festsetzung der Körperschaftsteuer i.H.v. 139.089.603 DM. Im gleichen Zuge setzte der Beklagte gemäß § 233a AO Nachzahlungszinsen für einen Monat i.H.v. 9.057 DM gegenüber der Klägerin fest. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Bescheid vom 20. Mai 1998 (Änderungsbescheid I) setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer für 1994 in verminderter Höhe auf 65.614.032 DM fest. Unter Berücksichtigung des Unterschiedsbetrags zugunsten der Kläger i.H.v. 74.171.022 DM setzte der Beklagte nach § 233a AO Erstattungszinsen i.H.v. 9.254.147 DM fest, die sich mit den bereits gezahlten Zinsen i.H.v. 9.057 DM zu einem Restguthaben i.H.v. 9.263.204 DM summierten. Die Bescheidänderung stützte der Beklagte auf § 164 Abs. 2 AO; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Da die Klägerin infolge einer zwischenzeitlich durch den Beklagten angeordneten Außenprüfung für den Zeitraum 1992 – 1997 mit Mehrsteuern i.H.v. ca. 44.300.000 EUR rechnete, kündigte sie mit Schreiben vom 14. Februar 2002 dem Beklagten freiwillige Zahlungen i.H.v. insgesamt 44.280.000 EUR, davon hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1994 einen Betrag von 13.800.000 EUR an. Ebenfalls stellte die Klägerin beim Beklagten unter Bezugnahme auf Tz. 70.1.1 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) den Antrag, im Hinblick auf die freiwilligen Leistungen auf die zu erwartenden Steuernachforderungen die Nachzahlungszinsen für den Zeitraum ab Eingang der freiwilligen Leistungen aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Die Klägerin leistete die Zahlung der 44.280.000 EUR am 25. Februar 2002.
Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung erließ der Beklagte am 22. März 2004 erneut einen Änderungsbescheid für 1994 über Körperschaftsteuer (Änderungsbescheid II), in dem er gegenüber der Klägerin die Körperschaftsteuer 1994 i.H.v. 92.168.471 DM festsetzte. Unter Berücksichtigung des Unterschiedsbetrags i.S. des § 233a Abs. 3 Satz 1 AO i.H.v. 28.039.950,30 EUR und des bisherigen Unterschiedsbetrags i.H.v. 14.132.370,91 EUR ermittelte der Beklagte einen Unterschiedsbetrag i.S. des § 233a Abs. 5 Satz 2 AO zu Ungunsten der Klägerin i.H.v. 13.907.579,39 EUR. Unter Ansatz der bisher festgesetzten Zinsen i.H.v. 9.254.147 DM (entspricht 4.731.570,23 EUR, § 233a Abs. 5 Satz 3 AO) ermittelte der Beklagte festzusetzende Nachzahlungszinsen hinsichtlich der Körperschaftsteuer für 1994 i.H.v. 1.874.516 EUR, die zusammen mit den bereits erstatteten Zinsen sich zu einer Restzahlung i.H.v. 6.606.086,23 EUR addierten. Die Bescheidänderung stützte der Beklagte auf § 164 Abs. 2 AO und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Mit Bescheid vom 20. April 2004 erließ der Beklagte gemäß § 227 AO aufgrund der freiwilligen Zahlung vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung unter Hinweis auf die Regelungen des AEAO zu § 233a AO Zinsen zur Körperschaftsteuer 1994 i.H.v. 1.738.444 EUR. Diesen Betrag hatte der Beklagte unter Berücksichtigung eines Zahlungsbetrages von 13.907.550 EUR bei einem Zinssatz von 0,5 v.H. für 25 Monate (25. Februar 2002 bis 25. März 2004) ermittelt.
Die Klägerin legte am 20. April 2004 gegen den Bescheid für 1994 über Körperschaftsteuer und Zinsen zur Körperschaftsteuer vom 22. März 2004 (Änderungsbescheid II) Einspruch ein. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Gerichtsakten gegebene Kopie des Einspruchsschreibens Bezug genommen (Bl. 148 der Gerichtsakte zu 6 K 376/12).
Dieser Einspruch hatte insoweit Erfolg, als der Beklagte unter Hinweis auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. §132 AO mit Bescheid vom 18. November 2010 (Änderungsbescheid III) die Körperschaftsteuer für 1994 gegenüber der Klägerin niedriger, sprich i.H.v. 81.625.380 DM f...