rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Gestaltungsmissbrauch bei Option zur Umsatzsteuer im Falle der Vermietung von Büroräumen an Gesellschaft durch Gesellschafter-Geschäftsführer
Leitsatz (redaktionell)
- Optiert der Veräußerer bei Lieferung eines Grundstücks nach § 9 Abs. 1 UStG und verzichtet er auf die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 9a, liegt grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch vor.
- Der Abschluss eines Mietvertrages zwischen Gesellschafter und Gesellschaft bzw. Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist weder unangemessen noch ungewöhnlich.
- Vermietet der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft zusammen mit seiner Ehefrau Büroräume an die Gesellschaft, liegt darin kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; AO § 42
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
Streitig ist, ob der Anspruch auf einen Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Anmietung eines Büroraums in den Jahren 1997 bis 1999 besteht oder nach § 42 AO ausgeschlossen ist.
Die Klägerin betreibt ein Dental-Labor. Ihre Anteile werden von zwei Gesellschaftern zu je 50% gehalten. Beide Gesellschafter sind zugleich Geschäftsführer und jeweils allein vertretungsberechtigt.
Seit dem 1. April 1997 vermietete einer der Geschäftsführer gemeinsam mit seiner Ehefrau einen in dem Keller ihres Wohnhauses gelegenen Büroraum an die Klägerin zunächst für monatlich 161,97 DM zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer in Höhe von 24,30 DM. Die Ehefrau dieses Geschäftsführers ist als Bürokauffrau im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin angestellt. Das Wohnhaus, das 15 Minuten von den Geschäftsräumen der Klägerin entfernt liegt, wurde von den Ehegatten in den Jahren 1996 und 1997 für insgesamt 686.175,98 DM zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 102.397,17 DM erbaut.
Der Geschäftsführer nimmt für verschiedene Arbeiten, insbesondere Rechtsfragen im Zusammenhang mit Berechnungen von Leistungen an die Krankenkassen, Unterlagen nach Hause, um sie in dem Büroraum zu bearbeiten. Auch seine Ehefrau führt dort Büroarbeiten durch. Sowohl dem Geschäftsführer als auch seiner Ehefrau steht in den Betriebsräumen der Gesellschaft ein Büroraum zur Verfügung.
Die Ehegatten machten in ihrer Umsatzsteuererklärung 1996 von den auf die Herstellungskosten entfallenden Vorsteuern 5,26% – dem Anteil des Büroraumes an der Wohnfläche des Gebäudes – und mithin in 1996 4.040,34 DM und in 1997 Vorsteuern in Höhe von 1.419,43 DM geltend. Des Weiteren erklärten sie in den Einkommensteuererklärungen der Jahre 1996 bis 2001 einen Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 9.208 DM.
Die Klägerin erklärte im Zusammenhang mit der Vermietung des Büroraums in den Umsatzsteuervoranmeldungen Vorsteuern in 1997 in Höhe von 363,30 DM, in 1998 in Höhe von 231,40 DM und in 1999 in Höhe von 193,60 DM. Nach einer Außenprüfung versagte der Beklagte den Vorsteuerabzug wegen Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO und änderte die Umsatzsteuerbescheide 1997, 1998 und 1999 nach § 164 Abs. 2 AO ab. Da sowohl für den Geschäftsführer als auch für seine Ehefrau Büroräume in den Betriebsräumen der Klägerin genutzt werden könnten, bestehe kein wirtschaftlich gerechtfertigter Grund für einen häuslichen Büroraum. Dieses werde lediglich wegen persönlicher Bedürfnisse der Ehegatten angemietet.
Der gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs erhobene Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Vermietung eines häuslichen Arbeitszimmers von Arbeitnehmern an deren Arbeitgeber falle unter die Verfügung der OFD Kiel vom 8. Juni 2000 – S 2145 A – St 233, DStR 2000, 1775, und sei daher als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 AO anzusehen. Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 42 AO nicht gegeben seien. Soweit sich der Beklagte auf die Verfügung der OFD Kiel vom 8. Juni 2000, a.a.O., beziehe, verkenne er, dass sich dieser Erlass auf das Ertragssteuerrecht beziehe und ertragsteuerliche Grundsätze mit Grundsätzen der Umsatzsteuer nicht in Einklang zu bringen seien. Denn die Vermietergemeinschaft der Ehegatten könne als eigenständiges Rechtssubjekt im Rahmen der Umsatzbesteuerung auftreten.
Die Vermietung der Büroräume sei keine unangemessene Gestaltung. Durch seine Nutzung und die mit der ersparten Fahrzeit einhergehende Erhöhung der Arbeitszeit erbringe der Gesellschafter eine zusätzliche Arbeitszeit im Dienste der Gesellschaft. Durch die Nutzung des Büroraumes erhöhe sich die produktive Arbeitszeit des Geschäftsführers mit einer wirtschaftlichen Auswirkung, die die Höhe der Miete um ein vielfaches übersteige. Da der Geschäftsführer keinen Anspruch auf eine Überstundenvergütung habe, sei die effiziente Ausnutzung jeglicher Arbeitszeit der Geschäftsführer oberstes wirtschaftliches Ziel der Gesellschaft. Die Nutzung des häuslichen Büroraumes sei aus diesem Grunde nicht unangemessen. Dies ergäbe sich zudem aus einem Urteil des Fi...