vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Versteuerung von Rentenversicherungsbeiträgen - Zahlung an Rentenversicherungsträger nach Unfall von Versicherung des Unfallgegners

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. ArbG-Anteile zur gesetzlichen Sozialversicherung eines ArbN gehören nicht zum Arbeitslohn. § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG hat insofern nur deklaratorische Bedeutung.
  2. Rechnet der ArbG-Anteil der Beiträge zur Rentenversicherung nicht zu den steuerbaren Einkünften eines (aktiven) ArbN, können solche von der Versicherung des Unfallgegners übernommenen Beiträge nicht im Rahmen des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zu steuerpflichtigen Einkünften führen.
  3. Direkt von der Versicherung des Unfallgegners an die Deutsche Rentenversicherung gezahlte ArbN-Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen.
  4. Durch das Unfallereignis und den Wegfall des Arbeitsverhältnisses ist der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang nicht gelöst. Das hat die Folge, dass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis weiterhin Grund für die Übernahme der Zahlung des ArbN-Anteils zur gesetzlichen Rentenversicherung durch die Versicherung des Unfallgegners ist.
  5. Der gesetzliche Forderungsübergang gemäß § 119 Abs. 1 SGB X hat auf die steuerliche Beurteilung keinen Einfluss.
 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1, § 24 Nr. 1 Buchst. a; SGB X § 119 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Versteuerung von Rentenversicherungsbeiträgen, die im Anschluss an einen Verkehrsunfall direkt von der Versicherung des Unfallgegners an den Rentenversicherungsträger gezahlt werden.

Die Klägerin ist ledig und wird im Streitjahr 2008 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erlitt am 15. August 2003 einen schweren Verkehrsunfall. Aus diesem Verkehrsunfall resultierten zugunsten der Klägerin Verdienstausfallansprüche gegenüber dem Kfz - Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeugführers. Diese leistet seitdem an die Klägerin quartalsweise Verdienstausfallzahlungen, die nach der sogenannten modifizierten Nettolohnmethode bemessen werden. Bei dieser Methode wird das fiktive Nettoeinkommen der Klägerin ermittelt und davon die Erwerbsunfähigkeitsrente der Deutsche Rentenversicherung in Abzug gebracht, die die Klägerin als direkte Unfallfolge bezieht. Weitere zu berücksichtigende Drittleistungen ergaben sich für die Klägerin nicht.

In der Einkommensteuererklärung 2008 erklärte die Klägerin neben der Erwerbsminderungsrente der Deutsche Rentenversicherung (7.367,16 €) auch die Verdienstausfallrente (6.600 €) als Renteneinkünfte. Der Beklagte qualifizierte die Verdienstausfallrente als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um und erhöhte den erfassten Betrag um Beiträge zur Rentenversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil i. H. v. insgesamt 5.432 €).

Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Rentenversicherungsbeiträge nicht zusätzlich noch als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen seien. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

Gemäß § 119 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - SGB - X sei der Anspruch auf die Rentenversicherungsbeiträge zum Unfallzeitpunkt vollständig auf den Rentenversicherungsträger übergegangen. Dies bedeute, dass es sich bei diesem Anspruch bereits zum Unfallzeitpunkt gar nicht mehr um einen Zahlungsanspruch der geschädigten Klägerin handele, sondern um einen direkten Anspruch des Rentenversicherungsträgers mit der Folge, dass der Anspruch und damit auch die Rentenversicherungsbeiträge dem Zugriff des Beklagten zur Festsetzung einer Steuer bereits zum Unfallzeitpunkt entzogen seien. Genauso verhalte es sich mit den Ansprüchen der Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 SGB X. Auch diese Ansprüche des Geschädigten gingen gemäß § 116 Abs. 1 SGB X bereits mit ihrer Entstehung, also zum Zeitpunkt des Unfalls auf die Renten-, Unfall- und Krankenversicherungsträger über und nicht erst dann, wenn sie gewährt würden. Beim Anspruchsübergang nach §§ 116 Abs. 1, 119 Abs. 1 SGB X sei die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme für den Anspruchsübergang ausreichend. Der Geschädigte könne ab dem Zeitpunkt des Unfalls nicht mehr über diese Ansprüche verfügen. Ein Steueranspruch bestehe auch deshalb nicht, weil ohne den Verkehrsunfall das Gesamtbruttoeinkommen der Klägerin zu versteuern gewesen wäre. Infolge des Unfalls sei jedoch das Gehalt nebst Beiträgen als Grundlage für die Steuerfestsetzung weggefallen. Dieser Steuerverlust sei kein Schaden der Unfallgeschädigten, sondern ein nicht erstattungsfähiger mittelbarer Schaden des Beklagten. Im Übrigen rügt die Klägerin, dass die angefochtenen Steuerbescheide auch deshalb fehlerhaft seien, da bei einer Gesamtbetrachtung die Summe der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen insgesamt nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetzes - EStG - von den zu versteuernden Ei...

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