Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen im Rahmen des § 6b EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Voraussetzung für die Bildung einer den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklage gem. § 6 b Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 EStG ist, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter im Veräußerungszeitpunkt mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben.
- Für die Bestimmung des Begriffs Anlage- bzw. Umlaufvermögen knüpft das Einkommensteuerrecht an die handelsrechtlichen Begriffbestimmungen an.
- Werden ursprünglich zum Anlagevermögen gehörende Grundstücke parzelliert, entstehen dadurch neue Wirtschaftsgüter, die dem Umlaufvermögen erst dann zuzuordnen sind, wenn sie nicht mehr für den Betrieb genutzt sondern veräußert werden sollen.
- Erst durch die Aufgabe der bisherigen Nutzung erhält das Grundstück eine neue Zweckbestimmung, die auf einer entsprechenden Willensänderung des Stpfl. beruht.
Normenkette
HGB § 247 Abs. 3; EStG § 6b Abs. 1, 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob für aufgedeckte stille Reserven beim Verkauf von Baugrundstücken, die vor der Parzellierung zum Anlagevermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes des Klägers gehörten, eine Rücklage nach § 6b Einkommensteuergesetz – EStG – gebildet werden kann.
Der Kläger ist Landwirt. Er bewirtschaftet in B. einen landwirtschaftlichen Betrieb von 21,52 ha. B. stellte 1983 u.a. für einen Teil der Grundstücke des Klägers einen Bebauungsplan auf. Eine Bauverpflichtung enthielt der Bebauungsplan nicht. Im gleichen Jahr wandte sich der Kläger mit anderen Grundstückseigentümern erfolglos gegen die Aufstellung des Bebauungsplans. Der Bebauungsplan wurde rechtskräftig. Ab 1989 wurde ein Umlegungsverfahren durchgeführt, woraus der Kläger acht Grundstücke erhielt. Nach der Getreideernte im August 1990 wurde im Herbst des gleichen Jahres mit der Vermessung der einzelnen Parzellen begonnen. Die Erschließungsmaßnahmen erfolgten ab Frühjahr 1991. Nach dieser Parzellierung und Erschließung wurden die Grundstücke des Klägers nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. Ab Dezember 1990 wurden sieben der acht Grundstücke veräußert. Im einzelnen kam es zu folgenden Verkäufen:
Käufer |
Verkaufsdatum |
Veräußerungserlös |
Buchwert |
Gewinn |
M. |
07.12.1990 |
119.262,78 DM |
31.537,00 DM |
87.725,78 DM |
W. |
10.12.1990 |
120.345,04 DM |
33.464,00 DM |
86.881,04 DM |
E. |
21.02.1991 |
118.000,00 DM |
32.994,00 DM |
85.006,00 DM |
Zwischensumme(vor 25.4.1991) |
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259.612,82 DM |
B./H. |
25.04.1991 |
125.925,76 DM |
33.276,00 DM |
92.649,76 DM |
H. |
02.05.1991 |
137.459,76 DM |
36.378,00 DM |
101.081,76 DM |
Zwischensumme (1.1.1991 – 30.6.1991) |
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193.731,52 DM |
K./B. |
18.07.1991 |
147.213,55 DM |
39.057,00 DM |
108.156,55 DM |
S. |
25.10.1991 |
134.750,40 DM |
35.626,00 DM |
99.124,99 DM |
Zwischensumme (nach 30.6.1991) |
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207.281,54 DM |
Gesamtgewinn |
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660.625,88 DM |
Der Kläger führte die Gewinne aus diesen Verkäufen in seinen Jahresabschlüssen 1990/1991 und 1991/1992 einer Rücklage gem. § 6b EStG zu und gab für die Jahre 1990 bis 1992 entsprechende Einkommensteuererklärungen ab. Zur Auflösung der Rücklage kam es in den Wirtschaftsjahren 1993/1994 und 1994/95. Die Rücklage wurde zum größten Teil übertragen auf das achte Baugrundstück, das der Kläger für sich zurückbehalten hatte und auf dem ein Zweifamilienhaus errichtet worden war. Ein weiterer Teil wurde auf einen erworbenen Schlepper übertragen. Der Beklagte veranlagte den Kläger für die Streitjahre entsprechend seinen Erklärungen. Die Bescheide standen aber gem. § 165 Abgabenordnung – AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In der Zeit von Dezember 1996 bis Juni 1997 wurde für die Veranlagungszeiträume 1990 bis 1994 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Betriebsprüfer erkannte die gebildete Rücklage gem. § 6b EStG nicht in der begehrten Höhe an. Nur die Gewinne aus den Verkäufen der ersten sechs Monate nach Einstellung der Bewirtschaftung wurden durch die Betriebsprüfung der Rücklage gem. § 6b EStG zugeführt. Diese Gewinne berechnete der Betriebsprüfer mit 259.612,82 DM. Der restliche Gewinn wurde von ihm als laufender Gewinn erfasst. Gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide für 1990 bis 1992 legte der Kläger erfolglos Einspruch ein. Der Einspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 9. April 1998 durch Empfangsbekenntnis zugestellt. Der Kläger erhob am Montag, dem 11. Mai 1998, Klage beim Finanzgericht.
Er trägt vor, es handele sich bei sämtlichen veräußerten Baugrundstücken um Anlagevermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes des Klägers, sodass die Bildung einer § 6b-Rücklage für den entstandenen Veräußerungsgewinn zulässig sei. Es handele sich nicht um einen gewerblichen Grundstückshandel. Auch habe sich die Veräußerung nicht über Jahre hinweggezogen, in denen die Grundstücke nicht landwirtschaftlich genutzt worden seien, so dass eine Qualifizierung als Umlaufvermögen nicht in Betracht käme. Die Verkäufe seien innerhalb eines Jahres erfolgt. Au...