Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahme eines später vollstreckten Vornahmeverwaltungsaktes beim Anbringen einer „roten Plakette” an ein zu entsorgendes und auf öffentlichem Grund stehendes Autowrack. Eigentumslage und Besitzlage an einem wohl zur Insolvenzmasse gehörendem Autowrack bei (Sicherungs-) Eigentum einer Bank an dem Fahrzeug und noch nicht vollständiger Rückzahlung des gewährten Darlehens
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Kostenbescheid für die Ersatzvornahme der Entsorgung eines Pkw nach § 66 Abs. 1 Nds.SOG ist nur rechtmäßig, wenn der Betroffene zum Zeitpunkt der Durchführung der Ersatzvornahme durch unanfechtbaren oder sofort vollziehbaren Verwaltungsakt zur Entsorgung verpflichtet war, dieser Pflicht nicht nachgekommen ist und die formellen Erfordernisse des Vollstreckungsverfahrens auch im übrigen eingehalten worden sind.
2. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Verfügungsrecht an den Gegenständen der Insolvenzmasse auf den Insolvenzverwalter über. Hierunter fällt auch das Recht zur Verfügung über das Autowrack des Schuldners und damit der Abfallbesitz im Sinne von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG.„Wertlose” Gegenstände sind nicht von vorneherein aus der Vermögensmasse herausgenommen. Dem Insolvenzverwalter steht es frei, Gegenstände aus dem Insolvenzbeschlag freizugeben, die für die Masse wertlos sind.
Normenkette
Nds.SOG § 64 Abs. 1; InsO § 35 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 80 Abs. 1, § 148; KrW-/AbfG § 3 Abs. 5-6, § 11 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Stade (Entscheidung vom 28.10.2009; Aktenzeichen 2 A 361/09) |
Tatbestand
I.
Der Kläger war Halter des Kraftfahrzeugs Pkw BMW 318i mit dem Kennzeichen …, das am 16.11.2005 von der Stadt B. stillgelegt wurde. Das Fahrzeug stand seit März 2004 vor dem Haus C.weg 2c in B. auf dem Parkstreifen der Straße.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Bremen – Insolvenzgericht – vom 27.02.2006 – 520 IN 2/06 – wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt.
Am 28.03.2006 befestigte ein Mitarbeiter der Beklagten an dem Pkw eine „rote Plakette” mit der Aufforderung, den Pkw bis zum 27.04.2006 zu entfernen.
Mit Schreiben vom 29.03.2006 gab der Beklagte dem Kläger Gelegenheit, sich bis zum 13.04.2006 dazu zu äußern, das Fahrzeug als Abfall zu entsorgen; andernfalls könne er mittels Verfügung zu einer ordnungsgemäßen Beseitigung verpflichtet werden.
Mit Schreiben vom 04.05.2006 machte die CC-Bank gegenüber dem Insolvenzverwalter hinsichtlich des (ihr sicherungsübereigneten) Fahrzeugs ein Absonderungsrecht geltend; erst mit späterem Schreiben vom 24.06.2008 nahm sie davon wieder Abstand und übersandte den Kfz-Brief.
Unter dem 05.05.2006 beauftragte der Beklagte die Firma Autoverwertung D. mit der Entsorgung des Fahrzeugs. Nach Durchführung derselben stellte ihm diese dafür 116,00 Euro in Rechnung.
Mit Bescheid vom 29.06.2006 forderte der Beklagte den Kläger zur Zahlung dieses Betrages zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 35,00 Euro, zusammen also von 151,00 Euro, auf. Zur Begründung führte er aus, dass er das Fahrzeug als Autowrack nach Fristablauf im Wege der Ersatzvornahme entsorgt habe. Der Kläger sei als Veranlasser kostenpflichtig. Der Kostenbescheid enthielt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung.
Nach Androhung der Vollstreckung der Kosten legte der Kläger am 29.05.2007 „gegen den Bescheid vom 29.03.2006” Widerspruch ein. Dieser Bescheid sei nichtig und dürfe deshalb nicht vollstreckt werden, weil mit ihm die Ausführung einer rechtswidrigen Tat verlangt werde. Er habe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weder Besitz- noch Eigentumsrechte an dem Fahrzeug gehabt, weil die CC-Bank als Sicherungseigentümerin die Aussonderung geltend gemacht habe. Allenfalls die Bank hätte in Anspruch genommen werden können.
Der Beklagte antwortete dem Kläger unter dem 05.06.2007, dass es sich bei dem Schreiben vom 29.03.2006 nicht um einen Bescheid, sondern um eine Anhörung gehandelt habe. Da er sich nicht geäußert habe, sei die Ersatzvornahme durchgeführt worden, deren Kosten mit dem Bescheid vom 29.06.2006 geltend gemacht würden. Da gegen diesen Bescheid Widerspruch nicht erhoben worden sei, habe er Bestandskraft erlangt. Der Kläger möge prüfen, ob er seinen Widerspruch unter diesen Umständen aufrechterhalte.
Nachdem der Kläger dies bekräftigt hatte, teilte der Beklagte ihm mit Schreiben vom 18.07.2007 mit, dass er über den Widerspruch gleichwohl nicht entscheiden werde. Was den Kostenbescheid angehe, so sei dieser bestandskräftig. Eventuelle Verfahrensfehler im Vorfeld begründeten jedenfalls keine Nichtigkeit.
Der Kläger hat am 27.08.2007 Klage erhoben, mit der er die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides des Beklagten vom 29.06.2006 begehrt. Das Verwaltungsgericht hat diese Klage mit dem im Tenor bezeichneten Urteil abgewiesen. Der angefochtene Kostenbescheid sei rechtmäßig, weil der Beklagte im Mai/Juni 2006 zu Recht die Ersatzvornahme durchgeführt habe. Vollstreckbare und vom Kläger nicht ausgeführte Grundverfügu...