Entscheidungsstichwort (Thema)
Privilegierung von Gesellschaftern. Bürgschaft für Gesellschaftsschuld
Leitsatz (amtlich)
Im zu entscheidenden Fall kann die GmbH-Gesellschafterin, die 50 % der Anteile an der GmbH hält und eine Höchstbetragsbürgschaft für die GmbH übernommen hat, sich nicht auf das Verbot der Fremddisposition und die Anlassrechtsprechung berufen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Grundsätze ruinöser Bürgschaften naher Angehöriger gelten für Gesellschaftsbürgen nur in Ausnahmefällen.
2. Die Erstreckung der Bürgschaftsverpflichtung auf alle bestehenden und künftigen Forderungen und eine sich daraus ergebende Erweiterung der Bürgschaftsverpflichtung ist einem Gesellschafter gegenüber keine nach § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB gegenüber unwirksame Fremddisposition.
Normenkette
BGB §§ 138, 767 Abs. 1 S. 3, Abs. 1
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Beschluss vom 08.01.2007; Aktenzeichen 4 O 198/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 12.2.2007 gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 8.1.2007, mit dem der Antrag der Beklagten vom 2.10.2006 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen worden war, wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Gerichtskosten ihrer sofortigen Beschwerde zu tragen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beklagte wird von der Klägerin als Bürgin in Anspruch genommen.
Die Beklagte erwarb am 22.12.1994 den Gesellschaftsanteil ihres Ehemannes an der D. GmbH D. & B. und hielt damit 50 % des Stammkapitals der Gesellschaft.
Gesamtschuldnerisch mit ihrem Ehemann übernahm die Beklagte mit Erklärung vom 24.2.1995 bis zu einem Betrag von 200.000 DM die Bürgschaft zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Klägerin gegen den Hauptschuldner, die D. GmbH.
Mit Schreiben vom 20.4.2005 kündigte die Klägerin die Geschäftsbeziehung zur Hauptschuldnerin, der gegenüber sie eine Forderung von rd. 400.000 EUR behauptet.
Die Beklagte hält den Bürgschaftsvertrag gem. § 138 BGB für nichtig. Sie sei finanziell krass überfordert worden. Die 1995 der Beklagten gehörenden Grundstücke seien wertausschöpfend belastet gewesen. Der Nichtigkeit ihrer Verpflichtung stehe ihr Gesellschaftsanteil nicht entgegen. Auf die Beklagte sei durch ihren Ehemann und die Klägerin in unzulässiger Weise Druck ausgeübt worden. Schließlich meint die Beklagte, die weite Sicherungsklausel im Bürgschaftsvertrag sei unwirksam.
Das LG hat mit Beschluss vom 9.1.2007 den Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten mangels hinreichender Erfolgsaussicht ihrer Verteidigung zurückgewiesen. Aufgrund der Beteiligung der Beklagten an der Hauptschuldnerin zu 50 % komme es auf das grobe Missverhältnis zwischen Verpflichtungsumfang und finanzieller Leistungsfähigkeit der Beklagten nicht an. Ihre krasse finanzielle Überforderung habe die Beklagte ohnehin nicht ausreichend dargelegt. Einer - nachvollziehbaren - Äußerung der Klägerin dahingehend, dass sie ohne die zusätzliche Sicherung durch eine Bürgschaft Kredite gegebenenfalls kündigen würde, hätte die Beklagte standhalten müssen. Ein Verstoß gegen § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB liege nicht vor.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag, insbesondere zu ihren finanziellen Verhältnissen und zur Beschränkung ihrer Haftung allenfalls auf den "Anlasskredit". Weiter trägt sie vor, dass der notarielle Vertrag, mit dem Gesellschaftsanteile an die Beklagte abgetreten wurden, vom Ehemann der Beklagten als vollmachtloser Vertreter geschlossen worden sei. Die Genehmigung dieses Vertreterhandelns sei erst am 6.5.1996 und damit nach Bürgschaftsübernahme erfolgt. Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sei gem. § 16 GmbHG die Wirkung der Abtretung erst mit der Anmeldung erfolgt. Die Beklagte habe jedenfalls ohnehin nur "Strohmann-Funktion" gehabt.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde gemäß Beschluss vom 22.2.2007 nicht abgeholfen. Wegen § 184 BGB wirke die Genehmigung zurück. Ob die Beklagte "Strohfrau" gewesen sei, könne dahinstehen, da ein Scheingeschäft nicht vorliege.
II. Die zulässige, namentlich fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Aus einer krassen finanziellen Überforderung durch die Bürgschaft kann die Beklagte eine Unwirksamkeit der Bürgschaft nicht herleiten.
a) Die Beklagte verkennt nicht, dass für die Bürgschaften von GmbH-Gesellschaftern besondere Regelungen gelten. Es entspricht der Rechtsprechung des BGH, dass die Grundsätze zur Wirksamkeit ruinöser Bürgschaften naher Angehöriger für Gesellschafterbürgen nicht gelten, selbst dann nicht, wenn der Gesellschafter nur Minderheitsgesellschafter der kreditsuchenden GmbH ist und mit der Geschäftsführung nicht betraut ist (vgl. z.B. BGH v. 10.12.2002 - XI ZR 82/02, GmbHR 2003, 293 = BGHReport 2003, 332 = MDR 2003, 342). Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Geschäftskrediten für eine GmbH Bürgschaften der Gesellschafter zu v...