Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Klagebegehren, das sich aus mehreren - wenn auch in einem einzigen Leistungsantrag zusammengefassten - Teilansprüchen zusammensetzt, darf ein einheitliches Grundurteil nur dann ergehen, wenn feststeht, dass jeder Teilanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist.
2. Die Unterbrechungswirkung eines Mahnbescheids bezieht sich immer nur auf die Gewährleistungsansprüche wegen des geltend gemachten bestimmten Mangels, nicht auch auf Gewährleistungsansprüche wegen anderer Mängel. Es ist deshalb notwendig, dass sich aus einem Mahnbescheid entnehmen lässt, wegen welcher Mängel ein Anspruch geltend gemacht wird. Werden mehrere Mängel geltend gemacht, muss deutlich werden, in welcher Höhe die Ansprüche wegen der einzelnen Mängel jeweils erhoben werden.
3. Die nachträgliche Individualisierung des Klageanspruchs kann zwar die Zulässigkeit der Klage herbeiführen, hat aber für die Verjährung keine Rückwirkung.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 27.03.2013; Aktenzeichen 11 O 213/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.3.2013 verkündete Urteil des LG Hannover unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Nebenintervention.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Streithelferinnen vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungswert: 314.929 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Gewährleistungsansprüche aus einem Generalunternehmervertrag vom 9.8.1999, mit dem die Beklagte zur schlüsselfertigen Errichtung des Objekts "Nahversorgungszentrum K." beauftragt worden ist.
Nach erfolgter Abnahme rügte die Klägerin zahlreiche Mängel mit Schreiben vom 31.10.2005 unter Bezugnahme auf beigefügte Gutachten bzw. Mängellisten (K 2 ff.). Mit am 6.12.2005 der Beklagten zustellten Mahnbescheid verlangte sie die Zahlung von 200.000 EUR. Zur Begründung der Forderung hieß es dort:
"Werkvertrag/Werklieferungsvertrag gem. Mängelb. kost.+Aul. u. Schr f. Obj. Nahversorg. Zentrum gem. 31.10.05vom 16.11.05".
Mit der am 8.6.2006 eingegangenen Anspruchsbegründung machte die Klägerin diese Forderung als Kosten für Mängelbeseitigungsarbeiten geltend (Bl. 14). Mit weiterem Schriftsatz vom 21.2.2007 erweiterte die Klägerin die Klage auf 314.929,25 EUR unter Verweis auf eine Kostenaufstellung (Bl. 227 ff., Forderungszusammenstellung Bl. 226).
Das LG hat teilweise zu den Mängelbeseitigungspositionen Beweis durch Einholung eines Gutachtens und Ergänzungsgutachtens (GA Alder, Gutachtenband) erhoben. Eine weitere Beweiserhebung ist unterblieben, nachdem der Sachverständige mitgeteilt hatte, dass er die Bearbeitung aus Gesundheitsgründen nicht fortsetzen könne.
Die Beklagte und deren Streithelferinnen zu 2 und 4 haben die die Einrede der Verjährung erhoben. Sie haben geltend gemacht, dass eine Hemmung durch den Mahnbescheid nicht habe eintreten können, weil der Anspruch nicht hinreichend individualisiert worden sei. Wegen Mängeln an Heizung, Lüftung, Sanitär und Elektroinstallation sei ohnehin die Verjährung nach § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B auf zwei Jahre gekürzt.
Das LG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Der Klägerin stünde mit hinreichender Gewissheit ein Ersatzanspruch zu, dessen
Höhe noch von dem Verlauf der weiteren Beweisaufnahme abhängig sei. Der Anspruch sei auch zumindest in der durch den Mahnbescheid geltend gemachten Höhe von 200.000 EUR nicht verjährt. Der Erlass eines Grundurteils erscheine sachgerecht, insbesondere um die streitige Frage der Verjährung zu klären.
Der Sachverständige habe eine Reihe von Mängeln festgestellt. Der Anspruch auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten sei auch nicht "in vollem Umfange" verjährt, denn im Mahnbescheid seien die Mängel hinreichend konkret bezeichnet und individualisiert worden. Dass den einzelnen Mängeln keine Kostenpositionen zugeordnet worden sind, schade nicht, denn es reiche aus, dass die einzelnen Kosten den einzelnen Mängeln im Laufe des Verfahrens zugeordnet worden seien. Weiter heißt es in dem Urteil: durch den Mahnbescheid sei allerdings keine Verjährungshemmung eingetreten, soweit die Klägerin die Klage später auf 314.929,85 EUR erweitert habe.
Gegen dieses Urteil, auf das gem. § 540 ZPO wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird, richten sich die Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten und deren Streithelferinnen zu 2 und 4. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Berufung die Abänderung des Grundurteils dahin, dass die in dem Mahnbescheid benannten mangelbedingten Schadensersatzansprüche auch soweit sie einen Anspruch von 200.000 EUR überschreiten nicht verjährt sind.
Die Beklagte und deren Streithelferinnen erstreben die vollständige Klagabweisung wegen Verjährung. Sie halten den Erlass eines Grun...