Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abgrenzung zwischen Miete/Pacht bei der Überlassung eines vom Vermieter einzurichtenden Theaters.
2. Zu den Voraussetzungen einer Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB.
3. Zur fristlosen Kündigung des Verpächters wegen der baubauordnungsrechtlich nicht genehmigten Nutzung eines Zwischengeschosses (unzureichende Deckenhöhe, Brandschutzmängel) als Büroebene durch den Mieter.
4. In Dauerschuldverhältnissen muss ein vertragswidriges Verhalten des Anderen innerhalb angemessener Frist zum Anlass einer Kündigung genommen werden.
5. Den Verpächter trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass das beanstandete Verhalten des Pächters bei Ausspruch der Kündigung noch vorgelegen hat.
6. Auch längere Zeit zurückliegende Vorfälle können zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung unter dem Gesichtspunkt einer schuldhaft schweren Pflichtverletzung herangezogen werden, wenn neuerliche Verstöße gegen die pachtvertraglichen Verpflichtungen hinzutreten.
7. Eine kündigungsrelevante Zerrüttung der Parteien kann nicht daraus abgeleitet werden, dass zwischen den Parteien seit Vertragsbeginn insgesamt vier Prozesse geführt worden sind.
8. Die Inventarersetzungspflicht des Verpächters nach § 582 Abs. 2 Satz 1 BGB kann abbedungen werden
9. Vom Pächter angeschafften Stücke werden mit der Übernahme in das Inventar nicht automatisch Eigentum des Verpächters. Hierzu bedarf es vielmehr einer Eigentumsübertragung gem. §§ 929, 930 BGB.
10. Zur ausreichenden Bezeichnung i.S.d. § 550 BGB bei Übernahme des noch zu errichtenden kompletten Gebäudes (Theater) durch den Pächter.
11. Enthält der Pachtvertrag - wie hier - in Bezug auf die Bühnen-, Licht- und Tonausstattung keine Einzelauflistung der vom Verpächter zu erbringenden Leistungen, schuldet dieser eine handelsübliche Innenausstattung, die dem vertraglichen Zweck entspricht.
12. Zur Wahrung der Schriftform des § 566 BGB a.F./§ 550 BGB, wenn die vorgesehene Inventarisierung nicht nachgeholt haben.
Normenkette
BGB § 311c; BGB a.F. § 314; BGB §§ 314, 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2, § 550; BGB a.F. § 566; BGB §§ 582, 929-930
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 04.09.2009; Aktenzeichen 10 O 71/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 4.9.2009 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 26.6.1997 pachtete (nicht: mietete) die Klägerin von der Beklagten ein von dieser noch zu errichtendes Gebäude unterhalb der R. K. Brücke in D. zum Betrieb eines Varietés mit angeschlossener Gastronomie. Der Pachtvertrag nebst Anlagen, auf den im Übrigen verwiesen wird (Anlage B 33a), enthält auszugsweise folgende Regelungen:
"Präambel
1. Der Vermieter hat mit der Stadt D. hinsichtlich einer Fläche unter der K.-brücke einen Erbbaurechtsvertrag (s. Anlage 1) auf die Dauer von 60 Jahren abgeschlossen mit der Zweckbindung, dass eine Nutzung für kulturelle Zwecke in Verbindung mit einer entsprechenden Gastronomie in Form eines Theatergebäudes und einer Aktionsfläche erfolgt.
4. Auf der Erbbaurechtsfläche wird nach den Planungsunterlagen des Architekturbüros Prof. F. ein Theatergebäude mit Gastronomie schlüsselfertig von dem Vermieter erstellt. Die GU-Baubeschreibung und die Mieterbaubeschreibung sind als Anlage 2 und 3 diesem Vertrag beigefügt.
§ 1 Mietobjekt
(1) Der Vermieter errichtet und vermietet auf der Erbbaurechtsfläche eine Theatergebäude gemäß der als Anlage 2 und 3 beigefügten Baubeschreibungen bestehend aus einem Theaterraum mit einer Bühne, einem Zuschauerraum mit mindestens 509 Sitzplätzen und einem Gastronomiebereich für Innen- und Außengastronomie.
(2) Der Vermieter wird weiterhin die Kosten der Innenausstattung des Theater -und Zuschauerraums mit Bühnen-, Licht- und Tontechnik sowie mit Dekorationselementen von bis zu 2 Mio. DM netto nach gemeinsamer Absprache übernehmen und an den Mieter vermieten. Die einzelnen Technik- und Ausstattungselemente werden in einer noch zu erstellenden Anlage zusammengefasst.
§ 3 Mietdauer
(1) Das Mietverhältnis beginnt spätestens am 26.9.1997. Der Vermieter ist verpflichtet, das Mietobjekt im Leistungsumfang nach den Baubeschreibungen (Anlage 2 und 3 dieses Vertrages) bis zu diesem Zeitpunkt fertig zu stellen und an den Mieter gebrauchsfertig zu übergeben. Sollte sich die Fertigstellung verzögern, entfällt die Verpflichtung des Mieters zur Bezahlung des Mietzinses und der Nebenkosten bis zum Zeitpunkt der gebrauchsfertigen Übergabe ...
(2) Das Mietverhältnis endet am 31.12.2012.
(3) Der Vermieter räumt dem Mieter ein Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses um 5 Jahre ein ...
§ 4 Mietzins, Ka...