Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz wegen unterlassenem Hinweis auf Abrechnung nach Gegenstandswert
Leitsatz (amtlich)
Ist der Rechtsanwalt zum Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen verpflichtet, weil er den Mandanten vor Übernahme des Auftrags schuldhaft nicht darauf hingewiesen hat, dass sich die für seine Tätigkeit zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, gebietet § 287 Abs. 1 ZPO nicht, dass der Mandant, der eine Stundenhonorarvereinbarung behauptet, einen bestimmten anderen Rechtsanwalt benennt, der hypothetisch bereit gewesen wäre, das Mandat zu dem geringeren Stundenhonorar abzurechnen.
Normenkette
BRAO § 49b Abs. 5; ZPO § 287 Abs. 1; BGB § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 24.11.2008; Aktenzeichen 15 O 272/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24.11.2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des LG Münster teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen der auf Zahlung von Anwaltshonorar gerichteten Klage darum, ob außergerichtliche Beratungstätigkeit des Klägers für den Beklagten nach dem Gegenstandswert oder auf der Grundlage einer vom Beklagten behaupteten mündlichen Stundenhonorarvereinbarung abzurechnen ist.
Der Beklagte war Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (fortan: GbR) in G. Diese war Vermieterin eines Gewerbeobjekts in F. Im Jahr 2006 näherte sich durch Zeitablauf das Ende einiger Mietverträge. Die GbR hatte Kredite bei der Volksbank G aufgenommen. Wegen des nahenden Auslaufens von Mietverträgen betrachtete die Volksbank das Kreditengagement kritisch. Verbindlichkeiten der GbR valutierten i.H.v. 5.365.145,96 EUR. Der Beklagte fürchtete im Fall einer Kreditkündigung Vollstreckungshandlungen in seinen sonstigen Immobilienbesitz.
Am 28.8.2006 suchte der Beklagte den Kläger in dessen Kanzlei in H auf. Der Kläger benutzt in seiner Praxis einen besonderen Entwurf für Honorarvereinbarungen, in dem es u.a. heißt:
"Dem Auftraggeber ist bekannt, dass die gesetzlichen Gebühren niedriger sind, sollten sie höher sein, so werden diese statt der obigen Vergütung berechnet."
Unter den Parteien ist streitig, ob der Kläger dem Beklagten ein Exemplar davon ausdrucken ließ und überreicht hat. Streitig ist auch, ob die Parteien am 28.8.2006 eine mündliche Vereinbarung über ein Stundenhonorar von 250 EUR geschlossen haben.
Am 29.8.2006 ließ der Kläger die Handakte "M-Beratung" anlegen. Die Zeugin M ist die Ehefrau des Beklagten. Mit einer E-Mail vom 3.9.2006 meldete sich der Wertgutachter T1 bei dem Beklagten und bot einen Festpreis für ein Wertgutachten für die Privatimmobilien des Beklagten an. Anlässlich eines Urlaubs sah sich der Kläger am 5.10.2006 die Gewerbeimmobilie an. Davon unterrichtete er den Beklagten mit Schreiben vom 17.10.2006. In diesem Zeitraum bot der Mitgesellschafter U1 dem Beklagten an, dessen Gesellschaftsanteil zu übernehmen.
Ein weiterer Besprechungstermin der Parteien, der auch die Übernahme des Gesellschaftsanteils des Beklagten durch den Mitgesellschafter zum Gegenstand hatte, fand am 24.10.2006 statt. Unter den Parteien ist streitig, ob der Kläger dem Beklagten eine vorbereitete Honorarvereinbarung mit dem vorgenannten Inhalt aushändigte.
Mit Schreiben vom 25.10.2006 übersandte der Kläger ein Vollmachtsformular sowie eine Vorschussrechnung vom 24.10.2006 über eine sog. "à-Kontozahlung" über 5.000 EUR netto nebst 16 % Mehrwertsteuer. Die Vollmacht unterzeichnete der Beklagte am 25.10.2006, die à-Kontozahlung entrichtete er später.
Am 27.10.2006 bewertete der Gutachter T1 Privatimmobilien des Beklagten. Später übertrug der Beklagte seinen Gesellschaftsanteil an den Mitgesellschafter U1. Der Beklagte verlangte als Gegenleistung, dass die Rückzahlung von Kreditverbindlichkeiten ggü. der Kreissparkasse X1 i.H.v. 180.000 EUR sichergestellt werde.
Eine zweite Vorschussrechnung des Klägers, datiert auf den 31.1.2007, beglich der Beklagte nicht. In seinem Schreiben vom 29.3.2007 an den Kläger führte der Beklagte dazu aus: "... Erstaunt waren Sie über meinen Hinweis, dass wir bei unserem ersten Termin im Oktober 2006 einen Stundensatz von 250 EUR vereinbart hatten ..."
Die Volksbank G stellte dem Beklagten mit Schreiben vom 12.4.2007 von den Kreditverbindlichkeiten der GbR frei.
Mit der Honorarrechnung vom 16.4.2007 verlangte der Kläger eine 1,0-Geschäftsgebühr sowie eine 1,5-Einigungsgebühr, zusammen 43.760 EUR netto nebst 19 % Mehrwertsteuer abzgl. einer Vorschusszahlung von 5.000 EUR netto (insgesamt 52.074,40 EUR). Der Kläger leg...