Leitsatz (amtlich)

Voraussetzung für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages ist, dass bereits bei Übernahme des Mandates erkennbar ist, dass auch der Dritte in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen ist. Dies gilt für das Haftungsrisiko von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 64 GmbHG a. F. nur, wenn das Mandat sich explizit auf eine insolvenzrechtliche Beratung bezieht, nicht aber, wenn im Rahmen eines anderen Mandates Anhaltspunkte für eine Insolvenzgefahr auftreten und deshalb die Nebenpflicht besteht, die Mandantin hierauf hinzuweisen.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 328, 611; GmbHG § 64

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 24 O 165/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 26.10.2020 - 24 O 165/20 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. Der Kläger ist - nach dem Tod des ursprünglich bestellten - nunmehriger Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH (im folgenden: Gesellschaft). Er klagt aus abgetretenem Recht der Personen, die im Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung Geschäftsführer bzw. Liquidatoren der Gesellschaft waren und - nach Auffassung des Klägers - einer persönlichen Haftung in Höhe von insgesamt 1.343.695,23 EUR gemäß § 64 GmbHG unterlägen für im Zeitraum vom 20.10.2015 bis 20.11.2015 auf Verbindlichkeiten der Gesellschaft geleistete Zahlungen. Der Kläger ist der Auffassung, dass diese Personen gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in dieser Höhe wegen anwaltlicher Falschberatung hätten, der Gegenstand dieser Klage ist.

Im konkreten:

Bei der Gesellschaft handelte es sich um eine Reiseveranstalterin.

Am 13.10.2015 kündigte einer der Vertragspartner der Gesellschaft (die B AG), die verschiedene Dienstleistungen für die Gesellschaft in den Zielankunftsländern wie etwa die Organisation von Hotels, Flughafentransfers und sonstige Angelegenheiten übernahm, an, dass sie ihre Leistungen einstellen werde, wenn nicht die Gesellschaft bis zum 15.10.2015 offene Verbindlichkeiten von etwa 118.000 EUR begleiche.

Am 15.10.2015 wurde der Gesellschaft der Zugang zu - von der ehemaligen C GmbH verwalteten - Internetportalen, die für diese den hauptsächlichen Vertriebsweg ihrer Leistungen darstellten, gesperrt, wobei der Kläger den konkreten Grund für diese Sperrung nicht mitteilt.

Noch am 15.10.2015 wandte sich daher der damalige Geschäftsführer der Gesellschaft, Herr D, an die Beklagtenseite, die die Gesellschaft auch bereits zuvor in anderen Angelegenheiten anwaltlich vertreten hatte. Dabei erklärte er gegenüber dem Beklagten zu 2 jedenfalls, dass 80 % des Umsatzes der Gesellschaft über diese Internetportale generiert würden; die Existenz der Gesellschaft sei nachhaltig gefährdet, wenn die Gesellschaft nicht sofort wieder Zugang bekomme. In dem Gespräch beauftragte er die Beklagten damit, Schadensersatzforderungen u.a. gegenüber den Firmen E AG, F GmbH, G GmbH und B AG als Geschäftspartnern der Schuldnerin geltend zu machen. Im Anschluss an das Gespräch übersandte der Geschäftsführer der Beklagten zu 2 noch am gleichen Tag die Verträge mit den Geschäftspartnern.

Der Kläger hat behauptet, Herr D habe in dieser Besprechung auch von "Gerüchten" in der Branche berichtet, dass der Gesellschaft die Insolvenz zumindest drohe.

Der damalige Geschäftsführer zahlte die gegenüber der B AG offene Forderung, die diese jedoch wegen geringfügiger Überschreitung der gesetzten Frist gemäß Schreiben vom 16.10.2015 nicht akzeptieren wollte.

In der unmittelbaren Folgezeit erbrachte die Beklagtenseite, dabei handelnd durch den Beklagten zu 2, verschiedene - von dem Kläger im Kern nicht näher beschriebene - Tätigkeiten wie etwa die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber Vertragspartnern der Gesellschaft, welche als unterschiedliche Angelegenheiten abgerechnet wurden (Rechnungen vom 16.10.2015 über 5.226,36 EUR (Anl. K5, AnlO), 16.10.2015 über 2.348,94 EUR (Anl. K10 AnlO), 19.10.2015 über 9.171,21 EUR (Anl. K12 AnlO), 28.10.2015 über 7.541,27 EUR (Anl. K 13 AnlO), 25.11.2015 über 4.495,23 EUR (Anl. K7 AnlO), vom 25.11.2019 über 4.383,31 EUR (Anl. K9 AnlO), 25.11.2015 über 3.332,65 EUR (Anl. K11 AnlO), 18.12.2015 über 8.032,50 EUR (Anl. K 14 AnlO) und 17.12.2015 über 1.838,55 EUR (Anl. K6, AnlO)). Unter anderem forderte der Beklagte zu 2 unter dem 21.10.2015 die B AG in Hinblick auf die geleistete Zahlung zur eigenen Vertragserfüllung auf. Mit weiterem Schreiben vom 21.10.2015 (Anl. K8 AnlO) forderte der Beklagte zu 2 die B AG im Kern auf, das Streuen von Gerüchten über eine Insolvenz oder drohende Insolvenz der Gesellschaft zu unterlassen.

Parallel entwickelte der Beklagte zu 2 ein Konzept für die Liquidation der Gesellschaft. ...

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