Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 10.05.2019; Aktenzeichen 12 O 398/18)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 10.5.2019 abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 42.330,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.2.2013 sowie weitere 727,20 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz - der Beklagte zu 1) seit dem 29.11.2018, die Beklagte zu 2) seit dem 1.12.2018 - zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 42.330,78 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten aus abgetretenem Recht der S. Bank Rückzahlungsansprüche aus einem im Jahr 2013 gekündigten Verbraucherdarlehensvertrag vom 8.8.2011 geltend. Die Beklagten wenden allein Verjährung und Verwirkung ein.

Bezüglich der Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Anspruch verjährt sei. Die Hemmungsvorschrift des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB sei auf den durch Kündigung entstandenen, streitgegenständlichen Rückzahlungsanspruch nicht anwendbar.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter näherer Begründung im Einzelnen meint, § 497 Abs. 3 S. 3 BGB erfasse auch den Rückzahlungsanspruch nach Kündigung.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz,

1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10.05.2019 (Az. 12 O 398/18), der Klägerin am 16.05.2019 zugestellt, wird aufgehoben.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin EUR 42.330,78 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.02.2013 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 1.536,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen

Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil als richtig und meinen weiterhin, der geltend gemachte Anspruch sei über die Verjährung hinaus auch verwirkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist auch weitgehend begründet. Der in der Hauptsache geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin zu (2.) und er ist weder verjährt (3.), noch verwirkt (4.).

Lediglich bezüglich der Nebenforderungen sind Klage und Berufung in geringem Umfang unbegründet (5.).

1. Gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1, § 40 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im August 2011 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.

2. Der Klägerin steht der in der Hauptsache geltend gemachte Anspruch zu; sämtliche insoweit erheblichen Umstände sind unstreitig.

Danach ist das streitgegenständliche Darlehen den Beklagten zugeflossen, das Vorliegen der Voraussetzungen für eine wirksame Kündigungserklärung bestreiten die Beklagten nach entsprechender Klarstellung im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht, ebensowenig die Einhaltung der Voraussetzungen des § 498 BGB für eine Kündigung, die Höhe der Forderung und deren Abtretung durch die S. Bank an die Klägerin.

3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Anspruch der Klägerin nicht verjährt.

a) Wie der Bundesgerichtshof nach Erlass des landgerichtlichen Urteils klargestellt hat, ist die Hemmungsvorschrift des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB auf den auch hier streitgegenständlichen Rückzahlungsanspruch nach Darlehenskündigung anwendbar (BGH, Urteil vom 14. Juli 2020 - XI ZR 553/19 -, juris).

b) Auch Verzug als weitere Tatbestandsvoraussetzung der Verjährungshemmung nach § 497 Abs. 3 S. 3, 1 BGB liegt auf Grundlage des unstreitigen Sachverhalts vor.

aa) Die vom 9.1.2013 datierenden, den Beklagten unstreitig kurze Zeit später zugegangenen Schreiben der S. Bank (Anlage K 2) enthalten ihrem Wortlaut nach die eindeutige Aufforderung an die Beklagten, den der Höhe nach mit der Klageforderung übereinstimmenden Betrag zu leisten und damit eine Mahnung i. S. d. § 286 BGB.

bb) Soweit der Eintritt von Verzug die Fälligkeit der gemahnten Forderung voraussetzt, ist auch dies...

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