Leitsatz
Ein Treuhandverhältnis in Bezug auf einen Geschäftsanteil an einer GmbH kann steuerlich auch anerkannt werden, wenn mehrere Treugeber ihre Rechte gegenüber dem Treuhänder grundsätzlich nur gemeinschaftlich ausüben können.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 EStG, § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO
Sachverhalt
Der Kläger ist britischer Staatsangehöriger und war bis Juni 2002 Angestellter der C Ltd. mit Sitz in Großbritannien. Ab Ende 1999 wurde er von der C Ltd. für fünf Jahre an deren Muttergesellschaft abgeordnet, die S AG mit Sitz in Deutschland. Seine dortige Funktion umfasste umfangreiche Tätigkeiten außerhalb Deutschlands. Sein Gehalt wurde weiterhin von der C Ltd. gezahlt. Der Kläger wohnte seit 1999 in Belgien. Am Sitz der S AG hatte er keine Wohnung, sondern übernachtete bei Bedarf im Hotel. Die S AG gehörte zum Konzern der X AG, die im Jahr 2000 mit der Y AG zur XY AG fusionierte.
2001 erwarb der Kläger über eine Treuhänderin (T GmbH) einen Anteil von 0,3431 % an der A GmbH für rd. 340.000 EUR.
Diesem Beteiligungserwerb ging Folgendes voraus:
Im Zuge der Fusion wollte sich der XY-Konzern von seinen Randaktivitäten trennen. Hierzu zählte auch die Beteiligung an der S AG. Zum Vollzug der Trennung erwarb eine weitere Konzerngesellschaft, die A GmbH, als "Investmentvehikel" 97,46 % der Anteile an der S AG. In einer "Grundsatzvereinbarung" vom Juni 2000 hatten die seinerzeitige X AG und die P GmbH vereinbart, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren den Wert der Aktivitäten der S AG durch eine Restrukturierung maßgeblich zu erhöhen und die Anteile sodann über die A GmbH zu veräußern. Ferner sah die Grundsatzvereinbarung vor, dem Vorstand und den leitenden Angestellten der S AG eine Managementbeteiligung von insgesamt ca. 5 % an der A GmbH einzuräumen.
Ebenfalls im Jahre 2001 schlossen die XY AG und die P GmbH sowie die T GmbH mit zehn Managern der S AG verschiedene Verträge (Beteiligungsvertrag, Optionsvertrag, Treuhandvertrag). Der Kläger, der zu diesen Managern gehörte, nahm bei der A GmbH zur Finanzierung des Anteilkaufs ein Darlehen über rd. 300.000 EUR auf. Der von der T GmbH an der A GmbH gehaltene Anteil stieg danach auf 4,9 %.
Im Jahre 2002 verkaufte die A GmbH zunächst zwei ihrer Geschäftsbereiche. Sodann veräußerte die A GmbH ihre Anteile an der S AG. Zugleich erwarb sie die von der T GmbH für die Manager treuhänderisch an ihr selbst gehaltenen Anteile als eigene Anteile zur Einziehung. Der Treuhand- und der Optionsvertrag wurden aufgehoben. Dem Kläger floss der auf ihn entfallende Anteil am Erlös in 2002, 2004 sowie 2005 zu.
Das FA vertrat die Auffassung, dass der zwischen dem Kläger und der T GmbH abgeschlossene Treuhandvertrag steuerlich nicht anzuerkennen und der Kläger folglich nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile an der A GmbH geworden sei. Die aufgrund des Beteiligungsveräußerungsvertrags erhaltenen Zahlungen seien vielmehr im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht als Arbeitslohn zu qualifizieren.
Die Klage gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide hatte teilweise Erfolg. Das FG wertete die Zahlungen zwar ebenfalls als Arbeitslohn, unterwarf sie jedoch nur i.H.v. 52 % der Besteuerung, weil sie nur insoweit auf im Inland ausgeübten Tätigkeiten zurückzuführen seien (FG Düsseldorf, Urteil vom 27.3.2012, 13 K 2257/10 E,L, EFG 2012, 1760).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt: Der Kläger habe mit dem treuhänderischen Erwerb der Anteile an der S AG einen eigenständigen "Erwerbsgrund" inngehabt, der Veräußerungsgewinn sei deswegen nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren. Da er auch nicht aus anderen Gründen (§ 17, § 23 EStG) steuerbar sei, entfalle dementsprechend die Rechtsgrundlage für einen Besteuerungszugriff.
Hinweis
1. Es ging im Urteilsfall letzten Endes darum, ob der Kläger (im Rahmen einer beschränkt oder auch unbeschränkt Steuerpflichtiger) Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt. Gegenstand des "Interesses" war dabei der Gewinn, den er aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft erzielt hat, die ihm seinerzeit von einer konzernverbundenen Gesellschaft seiner Arbeitgeberin gewährt worden waren. Die Anteile waren durch entsprechende operative Maßnahmen der betreffenden Konzerngesellschaft "werthaltig" gemacht worden.
2. Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen.
Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind, dann also, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das besagte Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.
Kein Arbeitslohn liegt jedoch u.a. vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Re...