Ein privates Veräußerungsgeschäft setzt neben der Veräußerung die Anschaffung eines bestimmten Wirtschaftsguts voraus.
Unter Anschaffung i. S. d. § 23 EStG ist der Erwerb eines Grundstücks, grundstücksgleichen Rechts oder anderen Wirtschaftsguts von einem Dritten gegen Entgelt zu verstehen. Das Entgelt kann dabei auch in einer geldwerten Gegenleistung bestehen.
Welche Beweggründe der Steuerpflichtige für die Anschaffung des Wirtschaftsguts hat, ist unerheblich. Eine Spekulationsabsicht ist nicht erforderlich. Die Erwerbshandlung muss aber vom Willen des Steuerpflichtigen getragen sein. Keine Anschaffung i. S. d. § 23 EStG ist daher gegeben, wenn es wegen eines behördlichen Zwangsaktes, z. B. Enteignung nach §§ 85 ff. BauGB bzw. Umlegung nach § 45 BauGB, oder zur Abwendung eines solchen unmittelbar bevorstehenden Zwangsakts zum Erwerb eines Ersatzgrundstücks mit gleichen Funktionen kommt. Für die Berechnung der Veräußerungsfrist ist in diesem Fall nicht der Tag der Anschaffung des Ersatzlandes, sondern der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Steuerpflichtige das ersetzte Grundstück erworben hat.
Die Abgabe des Meistgebots in der Zwangsversteigerung eines Grundstücks ist eine Anschaffung i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, weil der Meistbietende damit den Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem Grundstück erwirbt.
Die Anschaffung setzt Vereinbarungen voraus, die auf den Übergang des (wirtschaftlichen) Eigentums gerichtet sind. Die zeitlich begrenzte Überlassung eines Grundstücks zur Nutzung ist danach keine Anschaffung i. S. d. § 23 EStG (z. B. Erbbaurecht).
Nicht nur Kaufverträge, sondern auch Tauschverträge und alle sonstigen Vereinbarungen, die einem Kaufvertrag wirtschaftlich gleichzustellen sind, z. B. ein bindendes Vertragsangebot oder ein bürgerlich-rechtlich wirksamer, beide Vertragsparteien bindender Vorvertrag, können Anschaffungsvorgänge i. S. d. § 23 EStG sein. Allerdings muss im Fall des bindenden Verkaufsangebots bereits mit dem Angebot der Verkauf durch den Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten vollzogen sein. Ist dies nicht geschehen, ist es für die Annahme eines steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäfts aber erforderlich, dass die notwendigen Vertragserklärungen in der maßgeblichen Veräußerungsfrist abgegeben werden.
Ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist auch anzunehmen, wenn Fremdwährungsbeträge gegen Umtausch in Euro erworben (Anschaffung einer Forderung) und innerhalb der Jahresfrist in EUR rückgetauscht werden (Veräußerung einer Forderung). Steuerpflichtige, die bei einem Kreditinstitut verschiedene Konten unterhalten, haben eine den Konten entsprechende Zahl von Geldforderungen gegenüber dem Kreditinstitut. Jede Forderung bildet für sich ein selbstständiges Wirtschaftsgut, über das der Steuerpflichtige gesondert verfügen kann. Dass der Gesetzgeber das Fremdwährungsguthaben als selbstständiges Wirtschaftsgut ansieht, ergibt sich aus der Regelung des § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG. Hiernach wird unterstellt, dass bei Fremdwährungsguthaben der zuerst angeschaffte Geldbetrag auch zuerst veräußert wird (first-in-first-out). Fremdwährungsguthaben sind Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts gem. § 23 EStG. Sie werden nicht von § 20 EStG erfasst.
2.1.1 Unentgeltlicher Erwerb
Der unentgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsguts z. B. durch Erbschaft, Vermächtnis, Pflichtteil oder Schenkung ist keine Anschaffung i. S. d. § 23 EStG. Bei Grundstücksübertragungen bei Ehescheidungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs liegt dem entgegen i. d. R. ein Anschaffungsgeschäft vor. Da der Gesamtrechtsnachfolger (Erbe) in die gesamte Rechtsstellung des Erblassers eintritt (Fußstapfentheorie), ist nach der Rechtsprechung des BFH dem Erben aber die Anschaffung durch den Erblasser zuzurechnen. Erblasser und Erbe werden demnach für die Berechnung der steuerschädlichen Veräußerungsfrist und für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Einheit behandelt. Wegen des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG wird der unentgeltliche ...