Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Krankengeldleistungen an einen freiwillig gesetzlich versicherten Selbstständigen unterliegen dem Progressionsvorbehalt. Die Zahlungen erfolgen auf der Grundlage des SGB V, so dass kein partielles Privatversicherungsverhältnis entsteht. Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot liegt nicht vor.
Sachverhalt
Der Kläger war ein selbstständiger Schornsteinfeger, der freiwillig in einer gesetzlichen Krankenversicherung versichert war. Von der Versicherung bezog er im Streitjahr bereits ab der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit Krankengeldleistungen, da er einen satzungsmäßigen Beitragszuschusses gezahlt hatte. Die Zahlung des Krankengeldes beruhte auf § 47 SGB V. Das Finanzamt unterwarf die Leistungen der Krankenversicherung dem Progressionsvorbehalt. Der gegen die Steuerfestsetzung erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Dass Krankengeldzahlungen dem Progressionsvorbehalt unterliegen, gilt sowohl für Pflichtversicherte als auch für freiwillig gesetzlich Versicherte, denn beide Leistungen haben ihre gesetzliche Grundlage im SGB V. Krankengeld aus der privaten Krankenversicherung ist dagegen nicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Diese Ungleichbehandlung sei - so der erkennende Senat - verfassungsgemäß, da Selbstständige ihre Krankenkasse frei wählen könnten. Wenn sie sich für die gesetzliche Krankenkasse entscheiden, so können sie einerseits die damit verbundenen Vorteile wie die beitragsfreie Familienversicherung oder die Beitragsfreistellung im Krankheitsfall in Anspruch nehmen, müssen aber andererseits die die damit verbundenen systembedingten Nachteile hinnehmen. Das FG folgt insoweit der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfG, Beschluss v. 3.5.1995, 1 BvR 1176/88, BStBl 1995 II S. 758).
Hinweis
Das Urteil des FG ist nicht rechtskräftig (Az. beim BFH: X R 53/06). Die steuerliche Behandlung von Krankengeldleistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung bei freiwilliger Mitgliedschaft wird revisionsrechtlich geprüft. Dabei geht es insbesondere um die steuerliche Qualifizierung der Krankengeldleistungen und um den Vergleich der Besteuerung von Leistungen aus der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.03.2007, VIII R 28/04FG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2006, 11 K 5157/04 E