Leitsatz

Ordnet das Finanzamt bei einem Großbetrieb, der der ständigen Betriebsprüfung unterliegt und der bislang jeweils für drei Veranlagungszeiträume geprüft wurde, gegen den Willen des Unternehmers die zeitnahe Prüfung nur eines Veranlagungszeitraums an, kann dies ermessensfehlerhaft sein.

 

Sachverhalt

Eine GmbH wurde vom Finanzamt als Großbetrieb eingestuft und in den Jahren 2000 bis 2006 der Anschlussbetriebsprüfung durch die Großbetriebsprüfung unterzogen. Für den Veranlagungszeitraum 2007 ordnete die Großbetriebsprüfungsstelle eine weitere Prüfung an, weil sich aus dem Mehrergebnis aus der Vor-Betriebsprüfung ein hohes Risikopotential ergeben hatte. Hiergegen wandte sich die GmbH im Einspruchsverfahren, indem sie Verstöße gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit der Mittel und der Zumutbarkeit sowie gegen das Willkür- und Übermaßverbot geltend machte. Gleichzeitig beantragte sie Aussetzung der Vollziehung, die das Finanzamt jedoch ablehnte. Hiergegen richtete sich die beim FG eingelegte Beschwerde.

 

Entscheidung

Das FG folgte im Rahmen der im Aussetzungsverfahren erforderlichen summarischen Prüfung dem Antragsbegehren. Es entschied, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der für 2007 erlassenen Prüfungsanordnung bestehen. Zwar können Steuerpflichtige, die einen gewerblichen Betrieb unterhalten, ohne weitere Voraussetzungen einer Außenprüfung unterzogen werden (§ 193 Abs. 1 AO). Das Finanzamt ist ferner berechtigt, die zu prüfenden Besteuerungszeiträume nach seinem Ermessen festzulegen (§§ 196, 194 Abs. 1 Satz 2 AO). Allerdings ergibt sich eine Einschränkung der Ermessensausübung aus der Selbstbindung der Finanzverwaltung im Hinblick auf ihre Praxis bei der Bestimmung des Prüfungsumfangs. Wenn die Finanzverwaltung sich für eine lückenlose Anschlussprüfung entscheidet und diese sich in aller Regel auf mehrere Besteuerungszeiträume erstreckt, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer nur für einen Veranlagungszeitraum angeordneten Prüfung. Vielmehr müssen hierfür nachvollziehbare Gründe vorliegen, die deutlich machen, dass sich der Betrieb für eine zeitnahe Prüfung besonders eignet. Hierzu reicht es nicht aus, auf das allfällige, abstrakte Risiko von Steuernachforderungen hinzuweisen.

 

Hinweis

Es handelt sich zwar lediglich um eine Entscheidung im Aussetzungsverfahren, gleichwohl steht die vom FG vertretene Auffassung im Gegensatz zur bisherigen Praxis der Finanzverwaltung. Insbesondere teilt das FG nicht die Verwaltungsmeinung, im Grundsatz sei jeder Großbetrieb für eine Verkürzung des Prüfungszeitraums geeignet, wobei die Entscheidung letztlich dem Prüfungsfinanzamt überlassen werde. Vielmehr muss die Prüfungsstelle nach Auffassung des Gerichts im Einzelfall unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens entscheiden, ob die sich durch die Verkürzung des Prüfungszeitraums auf einen Besteuerungszeitraum ergebenden Belastungen für den Steuerpflichtigen aufgrund der Sachverhaltsgegebenheiten gerechtfertigt und vertretbar sind. Man darf gespannt sein, wie die Entscheidung im Hauptverfahren ausgehen wird.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Beschluss vom 07.07.2009, 13 V 1232/09

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