Leitsatz
Eine Außenprüfung kann nach § 194 Abs. 1 Satz 2 AO einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen. Bei allen Betrieben, die nicht Großbetriebe sind, soll der Prüfungszeitraum nicht über die letzten drei Veranlagungsjahre hinausgehen. In bestimmten Fällen ist eine Erweiterung des Prüfungszeitraums zulässig, dies insbesondere dann, wenn nach den innerhalb des normalen Zeitraums getroffenen Feststellungen mit nicht unerheblichen Mehrsteuern zu rechnen ist. Im Einzelfall kann bereits die bloße Möglichkeit erheblicher Steuernachzahlungen die Prüfungserweiterung rechtfertigen.
Sachverhalt
Bei einer Außenprüfung ergaben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen eines - bisher steuerlich nicht erfassten - gewerblichen Handels mit Wertpapieren und Beteiligungen. Dieser wurde vom Steuerpflichtigen offensichtlich auch bereits vor dem Prüfungszeitraum betrieben. Das Finanzamt erweiterte daraufhin den Prüfungszeitraum von bisher drei auf sechs Jahre, ohne konkrete Anhaltspunkte dafür zu haben, dass für die einzelnen Jahre des Erweiterungszeitraums tatsächlich mit nicht unerheblichen Mehrsteuern zu rechnen ist. Als Begründung wurde angeführt, dass bereits die Möglichkeit nicht unerheblicher Mehrsteuern eine Prüfungserweiterung rechtfertige. Nach Auffassung des Steuerpflichtigen war diese Entscheidung ermessensfehlerhaft; er erhob Einspruch bzw. Klage gegen die Prüfungsanordnung.
Entscheidung
Das FG folgte in seiner Entscheidung der Argumentation des Finanzamts. Es betonte zwar, dass sich Prüfungserweiterungen grundsätzlich nur auf Ausnahmefälle beschränken dürfen, sah aber für den Urteilsfall eine solche Ausnahme als gegeben an. Die vom Finanzamt ins Feld geführte komplizierte Sach- und Rechtslage sei angesichts einer potenziellen Steuer-/Aufkommenserheblichkeit des Sachverhalts ausreichend, die Prüfungserweiterung zu rechtfertigen.
Hinweis
Sowohl die Begründung der Prüfungserweiterung durch das Finanzamt wie auch die darauf aufbauende Entscheidung des FG Hamburg können nicht überzeugen. Im Steuerrecht gibt es heutzutage so viele komplizierte Sach- und Rechtslagen, dass die Finanzämter damit fast jede Prüfungserweiterung begründen könnten.
Das FG hat die Revision beim BFH zugelassen (Az. beim BFH: XI R 21/04). Es ist zu erwarten, dass der BFH den Sachverhalt kritischer betrachten wird als das FG und letztlich zu einer Entscheidung zu Gunsten des Steuerpflichtigen kommt. Deshalb ist zu empfehlen, gegen Prüfungserweiterungen, die in ähnlicher Weise wie im Urteilsfall begründet werden, Einspruch zu erheben und ggf. Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BFH zu beantragen.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 06.02.2004, III 149/03