Leitsatz
Ein Verwertungsverbot von Tatsachen im Besteuerungsverfahren ist ernstlich möglich, wenn die Beschlagnahme der Zufallsfunde von einem Ermittlungsrichter nicht bestätigt worden wäre.
Sachverhalt
Im Besprechungsfall erging in einem Ermittlungsverfahren gegen einen Dritten wegen Steuerhinterziehung ein Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des AG. Bei der Durchsuchung wurde festgestellt, dass sich in den Räumen des Dritten in größerem Umfang auch Buchhaltungsunterlagen der Antragstellerin befanden. Die Steuerfahndung leitete ein Steuerstrafverfahren ein, nahm die Unterlagen der Antragstellerin mit und wertete sie nachfolgend aus. Der Antragsgegner - das für die Veranlagung zuständige Finanzamt - folgte den Steuerfahndungsberichten und erließ geänderte Steuerbescheide, gegen die Einspruch erhoben wurde. Den Anträgen auf AdV dieser Bescheide wurde vom Antragsgegner nicht entsprochen und die Einsprüche gegen die Ablehnungsbescheide als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidung
Der Antrag auf AdV beim FG der Hauptsache hatte hingegen Erfolg. Nach Ansicht der Richter ist es ernstlich zweifelhaft, ob die gegen die Antragstellerin gewonnenen Erkenntnisse im Besteuerungsverfahren verwertet werden dürfen. Das Einbehalten der Unterlagen betreffend die Antragstellerin, ohne nach der Mitnahme eine richterliche Bestätigung über die Beschlagnahme einzuholen, sei nach § 108 StPO rechtswidrig gewesen. Dieser fehlerhafte Verfahrensablauf im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren sei im Besteuerungsverfahren nicht von vornherein unbeachtlich. Dem FG obliege in einem solchen Fall inzidenter die Entscheidung, wie der Ermittlungsrichter über die Beschlagnahme zu entscheiden gehabt hätte. Entscheidend sei letztlich, ob die Steuerfahndung gegen die Antragstellerin aufgrund eines hinreichenden strafrechtlichen Anfangsverdachts tätig geworden sei. Hieran hatte der Senat im Entscheidungsfall ernstliche Zweifel.
Hinweis
Im Besteuerungsverfahren besteht ein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden, nicht. Die Frage nach einem Verwertungsverbot kann - wie im Besprechungsfall - nur anhand des jeweiligen Verfahrensverstoßes beantworten werden, wobei dem Schutzzweck der verletzten Norm besondere Bedeutung zukommt.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.02.2008, 6 V 382/07