Unternehmen, die die Notwendigkeit ausblenden und Entscheidungen für strategische Digitalisierungsinitiativen vernachlässigen oder in der Umsetzung nur wenig Commitment einbringen, können in eine existenzbedrohliche Lage geraten. Dies manifestiert sich in den drei wesentlichen Phasen der strategischen, erfolgs- sowie liquiditätsbezogenen Krisen, die aufeinander folgen können. Sie charakterisiert, dass mit wachsendem Krisenfortschritt die Handlungsmöglichkeiten immer weiter abnehmen (siehe Abb. 2).

  1. Strategische Krise:

    1. Markttrends, eigene Positionierung, Wettbewerbsaktivitäten und technologische Entwicklungen werden nur unzureichend in die zukunftsbezogene und strategische Ausrichtung einbezogen
    2. Vision, Mission, Aufbau- sowie die Ablauforganisation weisen eine einseitige Fixierung auf Kosteneffizienz und Gewinnmaximierung auf, statt die Resilienzfähigkeit des Unternehmens zu fördern
    3. Digitalisierungsinitiativen werden als holistische Transformation des Wertversprechens, Portfolios, der Unternehmensprozesse sowie beteiligten Organisationseinheiten vernachlässigt
    4. Finanzielle Mittel und Ressourcen, die in diesem Stadium ausreichend verfügbar sind und in späteren Phasen fehlen, werden in strategischen Grundsatzentscheidungen und Programmen nicht antizipativ disponiert
  2. Erfolgskrise:

    1. Verluste von Marktanteilen, Rückgänge im Umsatz, eine Unterauslastung der Kapazität sowie abnehmende Profitabilität und Liquidität werden sichtbar
    2. Die Fokussierung des Portfolios und der Aktivitäten sowie die frühzeitigen Maßnahmen zur Restrukturierung lassen nur noch zu, dass punktuelle Digitalisierungsinitiativen umgesetzt werden
    3. Langfristige Effizienzhebel von übergreifenden und abgestimmten Digitalisierungsinitiativen für das Gesamtunternehmen können nicht mehr genutzt werden
    4. Funktionskosten steigen durch die geringe Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte (War for Talents) sowie die mittelfristige Beanspruchung von Ressourcen bedingt durch erste Restrukturierungsmaßnahmen
    5. Die Erfüllung neuer externer Berichtspflichten wie EU-Taxonomie oder CSRD stellt weitere Anforderungen, sodass Systeme umgestellt oder im Zweifel automatisierbare Aufgaben noch manuell bearbeitet werden
  3. Liquiditätskrise

    1. Existenzsicherung des Unternehmens nimmt so viel Aufmerksamkeit von Management und Mitarbeitern in Anspruch, sodass digitale Veränderungen nur noch punktuell initiiert werden können
    2. Produkte oder Dienstleistungen, die als Hoffnungsträger den Umsatz und die Profitabilität des Unternehmens wieder stabilisieren sollen, werden mit digitalen Funktionen oder ergänzenden Services ausgestaltet, um den letzten möglichen Durchbruch am Markt zu erzielen
    3. Kosteneinspar- und entsprechende Personalabbauprogramme sind so weitreichend, dass Mitarbeiter überlastet sind und ihre Tätigkeiten nur noch nach Dringlichkeit statt Sinnhaftigkeit priorisieren
  4. Insolvenz

Abb. 2: Krisenstadien von Unternehmen und Digitalisierungsinitiativen[1]

Die Einordnung der Unternehmen in den jeweiligen Unternehmensstatus ist somit wesentlich, um den möglichen Handlungshorizont und entsprechend geeignete Handlungsalternativen zu identifizieren.

[1] In Anlehnung an: Krystek/Moldenhauer/Angster, Handbuch Krisen- und Restrukturierungsmanagement: Generelle Konzepte, Spezialprobleme, Praxisberichte, 2027.

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