2 Jahre Corona-Krise: Lessons learned aus Sicht des Controllings
Seit nunmehr 2 Jahren beschäftigt uns die Corona-Krise und ein Ende der immer neuen Herausforderungen für die Volkswirtschaften und Unternehmen ist nicht absehbar. Viele Unternehmen sind im Dauerkrisenmodus und die Schwierigkeiten für Management und Controlling sind nach wie vor immens.
Haben die Controller das Ruder an sich gerissen?
Aufgrund einer aktuellen Kostenmanagement-Studie meines Centers Performance Management & Controlling an der Frankfurt School hat der Wirtschaftsredakteur Mark Fehr in einem FAZ-Kommentar sogar geschrieben, dass
…die Controller in vielen Unternehmen das Ruder an sich gerissen…
haben und (sinngemäß) besonders in Krisenzeiten die Meister des intelligenten Sparens in vielen Unternehmen wären.
Es lässt sich sicher festhalten, dass die Wertschätzung gegenüber Controllerinnen und Controllern im Unternehmen zugenommen hat. Auch bislang eher skeptische Manager schätzen durch die hervorragende Krisenarbeit z.B. bzgl. des Kostenmanagements deren Leistungen sowie deren werterhaltende oder wertsteigernde Beträge im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Unternehmensteuerung. Man kann aus Controllingsicht auch einfach sagen, dass das getan wurde, wofür man da ist: zielorientierte Informationen für die Unternehmensführung zur Verfügung zu stellen. Das Kernziel war hierbei die bestmögliche Bewältigung der Krise, in der Regel bei sinkenden Umsätzen und unklaren Zukunftserwartungen. Man kann hier bei vielen Unternehmen und Branchen, auch aufgrund der Controlling-Performance, ein „Häkchen“ setzen.
Corona hat die Digitalisierung vereinfacht und beschleunigt
Trotzdem ist auch eine Weiterentwicklung des Controllingsystems im Krisenkontext festzustellen. Zunächst wirkten und wirken in der Krise zwei wichtige Entwicklungen direkt auf das Controlling ein und forderten eine Veränderung bzw. Anpassung. Zum einen ist dies die zunehmende Digitalisierung der Unternehmen sowie auch der CFO-Bereiche. Zum anderen ist dies die Notwendigkeit, Unternehmen immer resilienter zu gestalten. Lassen Sie mich zunächst zur rasanten Ausbreitung der Digitalisierung in den letzten Monaten und Jahren kommen:
Eine aktuelle KPMG-Studie zur „Digitalisierung des Rechnungswesens“ im DACH-Raum kommt zum Ergebnis, dass sowohl die Relevanz von Digitalisierungsprojekten im Rechnungswesen gestiegen ist (71% der befragten Experten antworteten mit „trifft zu“ oder „trifft eher zu“), als auch die Akzeptanz der Digitalisierungsinitiativen (79% der befragten Experten antworteten mit „trifft zu“ oder „trifft eher zu“). Dies geht einher mit der Notwendigkeit, im Krisenkontext die Mitarbeiter-Skills um digitale Kompetenzen zu erhöhen (84% der befragten Experten antworteten mit „trifft zu“ oder „trifft eher zu“).
Das Controlling kann sich der Digitalisierung also nicht entziehen, sondern ist quasi trotz andauernder Krise mittendrin und Getriebener sowie Treiber der digitalen Transformation zugleich. Es ist Steve McNally vom Institute of Management Accountants (IMA) zuzustimmen, der unlängst in einem Interview mit Haufe angemerkt hat:
Covid hat uns die Augen geöffnet, welche Möglichkeiten die digitale Transformation bietet. Die Reise hat erst begonnen
Es heißt also „dranzubleiben“ an der digitalen Transformation aus Sicht des Controllings und „up-to-date“ zu bleiben bzgl. der neuen Technologien und der notwendigen digitalen Skills.
Resilienz gehört auf die Agenda von Strategiearbeit und Risikomanagement
Ähnliches lässt sich auch zur organisatorischen Resilienz sagen. Eine PWC-Studie aus dem letzten Jahr hat deren Bedeutung im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Krisenbewältigung herausgearbeitet. Mein Credo aus dieser Untersuchung: Das Controlling sollte zukünftig auch einen besonderen Blick auf die Resilienz eines Unternehmens haben. Deren Erörterung und Evaluation lässt sich beispielsweise in den jährlichen Strategierhythmus oder in die Aktivitäten des Risikomanagements einbetten. Natürlich sollten hieraus auch Impulse aus dem Controlling für die Weiterwicklung der Resilienz erarbeitet werden.
Ergänzend zu diesen beiden neuen Einflussfaktoren existiert nach wie vor ein besonderer Fokus des Controllings (natürlich) auf die Cash-Situation sowie auf der Durchführung krisenadäquater Planungen und intelligenter Forecasts. Die Planungen werden, so meine Beobachtung, immer flexibler und kurzfristiger. Das ist gut so und hilft den Unternehmen auch bei der Notwendigkeit, die Ressourcen bei Bedarf schnell neu zu ordnen und zu reallokieren, um neuer oder alter Krisensituationen umgehend Herr zu werden. Ein effektives Forecasting unterstützt hierbei zunehmend mit digitalen Lösungen wie „Predictive Analytics“. Auch bezüglich dieses Kernprozesses des Controllings war die Krise ein wesentlicher Katalysator zur weiteren Etablierung der neuesten technologischen Entwicklungen.
Lieferfähigkeit wird weitere Spitzenkennzahl
Ein neues Thema auf der Krisenagenda der Controller:innen wird demnächst das Lieferketten-Controlling sein. Das aktuelle Restrukturierungs-Barometer der Zeitschrift Finance und des Beratungshauses Struktur Management Partner zeigt auf, dass zwei Drittel der unlängst befragten Spezialisten starke oder sehr starke Lieferkettenprobleme beobachten. Die Virusvariante Omikron kann die Lage speziell bei Unternehmen mit einem ausgeprägten „Global Sourcing“ noch weiter verschärfen. Auch in den nächsten Monaten kann es vermutlich nicht ausgeschlossen werden, dass Produktionsstätten oder Häfen, z.B. in China, aufgrund eines lokalen Lockdowns vorübergehend „stillgelegt“ werden. Die Experten aus dem Controlling sollten sich also bald intensiv mit der Lieferkettenstabilität und -zuverlässigkeit auseinandersetzen. Neben den Materialkosten und der Materialqualität sollte die Materialverfügbarkeit als neue oder weitere Spitzenkennzahl besondere Beachtung finden.
Diese Kolumne erschien im aktuellen Controller Magazin 2/2022.
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