Rückstellungen für dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten sind zu passivieren, wenn

  • sie gegenüber einem Dritten bestehen,
  • sie im abgelaufenen Jahr entweder rechtlich entstanden oder zumindest wirtschaftlich verursacht sind und
  • die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Steuerpflichtige hieraus in Anspruch genommen wird. Wahrscheinlich ist die Inanspruchnahme, wenn hierfür mehr Gründe dafür als dagegen sprechen.

Mit Urteilen vom 8.7.1992[1] und vom 10.3.1993[2] hat der BFH entschieden, dass rückständige Urlaubsverpflichtungen als sog. Erfüllungsrückstand zurückzustellen sind und die Höhe der Rückstellung nach dem Urlaubsentgelt zu bemessen ist.

Das Urlaubsentgelt entspricht dem Betrag, den der Arbeitgeber hätte aufwenden müssen, wenn er seine Zahlungsverpflichtung bereits am Bilanzstichtag erfüllt hätte. Die Pflicht zur Urlaubsgewährung beinhaltet die Pflicht zur Gewährung arbeitsfreier Tage und die Pflicht zur Zahlung des Entgelts trotz fehlender Arbeitsleistung. Im Ergebnis sieht der BFH in der Verpflichtung zur Gewährung von bis zum Bilanzstichtag nicht genommenem Urlaub eine Geldleistungsverpflichtung. Dadurch ergeben sich Unterschiede in der Bewertung der Rückstellung im Vergleich zur oben dargestellten handelsrechtlichen Vorgehensweise, da es nicht auf den "Gesamtaufwand zur Erfüllung der vom Arbeitgeber geschuldeten Leistung aus dem Arbeitsverhältnis" ankommt, sondern auf das Urlaubsentgelt. Denn nach Auffassung des BFH besteht "die Verpflichtung des Arbeitgebers ... nicht – wie verkürzt formuliert wird – in der Freizeitgewährung im Folgejahr, sondern in der Zahlung für im abgelaufenen Wirtschaftsjahr nicht genommenen Urlaub, den der Arbeitnehmer voraussichtlich im Folgejahr einbringen wird."[3]

Nach Maßgabe der Rechtsprechung ist

  • das als Jahreswert berechnete Urlaubsentgelt je Arbeitnehmer
  • durch die Zahl der regulären Arbeitstage des jeweiligen Arbeitnehmers zu dividieren und das Ergebnis (Tageswert)
  • mit der Zahl der offenen Resturlaubstage des Arbeitnehmers zum Bilanzstichtag zu multiplizieren.
 
Achtung

Unterschied beachten: Urlaubsgeld vs. Urlaubsentgelt

Das Urlaubsentgelt ist nicht mit dem zusätzlich gewährten Urlaubsgeld zu verwechseln. Das Urlaubsgeld wird zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt.

5.1 Ermittlung des Urlaubsentgelts

Nach der BFH-Rechtsprechung ist die Höhe der Rückstellung nach dem den betroffenen Arbeitnehmern zustehenden Urlaubsentgelt einschließlich der Lohnnebenkosten zu bemessen. Dabei ist das Urlaubsentgelt nach § 11 BUrlG zu berechnen, wobei an die Stelle des Urlaubsbeginns der Bilanzstichtag tritt, soweit nicht durch Tarif- oder Einzelvertrag besondere Vereinbarungen getroffen sind.[1]

Das maßgebende Urlaubsentgelt eines Arbeitnehmers kann demnach für die Steuerbilanz nach folgender Formel als Jahreswert ermittelt werden:[2]

 
  Bruttogehalt/-lohn (ohne Gehalts- und Lohnsteigerungen des Folgejahres)
+ AG-Anteil zur Sozialversicherung
+ Urlaubsgeld
+ Weitere lohnabhängige Nebenkosten (wie z. B. Beiträge zur Berufsgenossenschaft)
= Maßgebliches Urlaubsentgelt (Jahresarbeitsentgelt)

Nicht einzubeziehen sind dagegen jährlich vereinbarte Sondervergütungen, wie Weihnachtsgeld oder Tantiemen.[3]

Unter Berufung auf diesen Grundsatz ist nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz in Bezug auf Sonderzahlungen wie folgt zu differenzieren:

  • Solche Sonderzahlungen, die sich aus dem jeweiligen Anstellungsvertrag oder Tarifvertrag jährlich ergeben, ohne dass es einer weiteren Vereinbarung zwischen den Parteien bedarf, sind einzubeziehen.
  • Nicht einzubeziehen sind jährlich neu vereinbarte Sonderzahlungen.

Dementsprechend hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass ein im vorstehenden Sinne fest vereinbartes Weihnachtsgeld Teil des maßgeblichen Urlaubsentgelts ist, jedoch eine Weihnachtsgratifikation, deren Entstehen jährlich neu vereinbart wird und die von bestimmten Faktoren wie z. B. der wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers abhängt, nicht in die Bemessung des maßgeblichen Urlaubsentgelts einzubeziehen ist.[4]

Weiterhin sind in die Bestimmung des Urlaubsentgelts nach Maßgabe des BFH nicht einzubeziehen:[5]

  • Zuführungen zu Pensions- und Jubiläumsrückstellungen,
  • Zahlungen, die nicht Bestandteil von Lohn und Gehalt sind, wie z. B. vermögenswirksame Leistungen,
  • Gemeinkosten bzw. allgemeine Verwaltungskosten, da diese nicht Teil der gegenüber den Arbeitnehmern zu erfüllenden Verpflichtung sind, sondern betriebsinternen Aufwand darstellen.

5.2 Ermittlung der regulären Arbeitstage

Eine weitere Rechengröße nach der Formel des BFH ist – abweichen...

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