Leitsatz

Muss ein GmbH-Gesellschafter eine offene Gewinnausschüttung an die GmbH nach § 31 Abs. 1 GmbHG zurückzahlen, so stellt die Rückzahlung nicht nur aus Sicht der GmbH, sondern auch aus Sicht des Gesellschafters eine Einlage dar, die nur im Rahmen des § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten des Gesellschafters auf seine Beteiligung an der GmbH berücksichtigt werden kann. Die Rückzahlung führt hingegen nicht zu negativen Einnahmen des Gesellschafters bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (Fortführung des BFH-Urteils vom 25.5.1999, VIII R 59/97, BFHE 188, 569).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 Satz 1 , § 20 Abs. 1 Nr. 1 , KStG § 8 Abs. 1

 

Sachverhalt

Der Kläger war mit 45 % an der X-GmbH beteiligt. 1992 hatte die X-GmbH eine offene Gewinnausschüttung i.H. von 39 272 DM (zuzüglich anrechenbarer Körperschaftsteuer) an den Kläger vorgenommen.

Diese Gewinnausschüttung führte zu einer teilweisen Rückzahlung des Stammkapitals der X-GmbH und begründete deshalb einen Rückzahlungsanspruch der GmbH gegen den Kläger aus § 31 Abs. 1 GmbHG. Im Streitjahr 1993 zahlte der Kläger daher 29 454 DM an die X-GmbH zurück. Diesen Betrag machte der Kläger als negative Einnahme aus Kapitalvermögen geltend.

Das Finanzamt versagte den Abzug und sah in der Rückzahlung eine Einlage in das EK 04. Die Klage blieb erfolglos (vgl. EFG 1999, 380).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

Nach ständiger Rechtsprechung des I. Senats des BFH sei die Rückgewähr von Gewinnausschüttungen durch den Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft als Einlage gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG zu behandeln (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 21.7.1999, I R 57/98, BFHE 190, 103). Entsprechendes gelte auf der Ebene des Gesellschafters.

Aus der Sicht des Gesellschafters sei die Rückzahlung einer offenen oder verdeckten Gewinnausschüttung als Einlage zu behandeln, wenn die Rückzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Eine derartige Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bestehe nicht nur bei einer auf einer Satzungsklausel beruhenden Rückzahlung einer verdeckten Gewinnausschüttung, sondern auch – wie hier – bei der Rückzahlung eines offen ausgeschütteten Gewinnanteils an eine GmbH, um deren Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG zu erfüllen.

 

Hinweis

Mit dem vorliegenden Urteil hat der VIII. Senat des BFH die in der Literatur umstrittene und bislang offen gelassene Frage entschieden, ob eine auf Grund gesetzlicher (z.B. §§ 30, 31 GmbHG) oder vertraglicher Regelung (z.B. Satzungsklausel), vom Anteilseigner sofort an die Kapitalgesellschaft zurückzuzahlende offene oder verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter zu einer negativen Einnahme aus Kapitalvermögen oder zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschaftsanteils führt. Er hat – wie sich schon in seinem Urteil vom 25.5.1999 (siehe Leitsatz, a.a.O.) abzeichnete – Letzteres angenommen und ist damit der Rechtsprechung des für die Besteuerung der Körperschaften zuständigen I. Senats gefolgt.

Will man Besteuerungslücken insbesondere beim nicht (i.S. von § 17 EStG) wesentlich beteiligten Kapitalgesellschafter vermeiden, so muss die Qualifikation der Einlagenrückgewähr auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und auf der Ebene des Gesellschafters im Gleichklang erfolgen. Würde man demgegenüber auf der Ebene der Gesellschaft eine EK-04-Einlage und auf der Ebene des Gesellschafters eine negative Einnahme aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bejahen, so käme es beim nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter, der seine Beteiligung im Privatvermögen hält, zu einem endgültigen Besteuerungsausfall, da die EK-04-Ausschüttung steuerfrei vereinnahmt werden kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.8.2000, VIII R 7/99

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