Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung des Feststellungsbescheides für die Grunderwerbsteuer vom 30.11.2001. Grunderwerbsteuer beim Rückerwerb land- und forstwirtschaftlicher Flächen im Beitrittsgebiet, die zuletzt im Besitz der Staatlichen Forstbetriebe gewesen sind
Leitsatz (redaktionell)
Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines aufgrund des Rückerwerbs land- und forstwirtschaftlicher Flächen ergangenen Grunderwerbsteuerbescheids wegen folgender Rechtsfragen:
- Absehen von der GrESt beim Rückerwerb des durch die Bodenreform-VO vom September 1945 konfiszierten väterlichen Grundvermögens aus verfassungsrechtlichen Gründen?
- Fallen die zuletzt im Besitz der Staatlichen Forstbetriebe gewesenen Grundstücke unter das Eigentumsübertragungsgesetz (EigentÜbertrG) mit der Folge einer GrESt-Befreiung nach § 11 EigentÜbertrG?
- Inanspsruchnahme der GrESt-Befreiungen nach § 6 Abs. 2 Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) i.V.m. § 34 Abs. 3 VermG und nach § 11 EigentÜbertrG oder werden diese durch § 11 Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) ausgeschlossen?
- Unterbleiben einer Steuerfestsetzung aufgrund des § 16 Abs. 2 GrEStG unter dem Gesichtspunkt des Rückerwerbs ehemals eigener Grundstücke bzw. nach dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil sowohl nach dem Mauergrundstücksgesetz vom 15.7.1996 die früheren Eigentümer bzw. ihre Erben ihre in Volkseigentum überführten und nunmehr bundeseigenen Grundstücke grunderwerbsteuerfrei zurückerwerben können als auch nach dem EigentÜbertrG und dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz der Erwerb volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke von der GrESt freigestellt ist?
- Greift für einen Teil des Grunderwerbs die Steuerbefreiung nach § 3 GrEStG ein, weil der Antragsteller als Erbe seines Vaters Grundstücke erworben hat, die früher seinem Vater gehört hatten?
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2-3; GrEStG §§ 3, 16 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 2; AusglLeistG §§ 3, 6 Abs. 2; VermG § 34 Abs. 3; EigentÜbertrG § 11; Bodenreform-VO; FlErwV § 11; Mauergrundstücksgesetz; Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Tenor
Die Vollziehung des Feststellungsbescheides vom 30.11.2001 wird ausgesetzt und vom Zeitpunkt der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides aufgehoben. Die Aussetzung endet mit dem Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides, spätestens einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in der Hauptsache.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
I.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 27.06.2001 des Notars S – URNr. - erwarb der Antragsteller von der B GmbH Berlin – diese handelnd sowohl im eigenen Namen als auch für die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben – mehrere Waldflächen und Nichtholzbodenflächen in den Gemarkungen G und K, H, M, R und K, die in den Bezirken der Finanzämter G und O liegen, mit einer Gesamtfläche von 96,4527 ha zum Gesamtkaufpreis von 74.773,10 EUR zum Alleineigentum. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten bezieht sich der Senat auf den genannten Kaufvertrag.
Das Finanzamt G – der Antragsgegner – stellte gemäß § 17 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) mit Bescheid vom 30.11.2001 die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest, da der wertvollste Bestand an Grundstücken in seinem Bezirk liegt.
Mit Einspruchsschreiben vom 11.12.2001 erhob der Antragsteller gegen den Feststellungsbescheid Einspruch, über den das Finanzamt noch nicht entschieden hat, und begehrte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Bescheides insbesondere mit der Begründung, dass der Erwerbsvorgang nach dem Gesetz über die Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener Grundstücke an Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger (Eigentumsübertragungsgesetz – EigentÜbertrG) vom 22.7.1990 (GBl DDR I 1990, 899) grunderwerbsteuerfrei sei. Das Finanzamt lehnte den AdV-Antrag mit dem Hinweis ab, dass gemäß § 11 der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) vom 20.12.1995 (BGBl I 1995, 2072) Kaufverträge nach dem Gesetz über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, (Ausgleichsleistungsgesetz – AusglLeistG) vom 27.9.1994 (BGBl I 1994, 2624) der Grunderwerbsteuer unterliegen würden. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und verwies in mehreren Schriftsätzen sowie in einem persönlichen Gespräch an Amtsstelle darauf, dass der Erwerbsvorgang nach § 11 EigentÜbertrG und § 6 Abs. 2 AusglLeistG in Verbindung mit § 34 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG) nicht der Grunderwerbsteuer unterliege.
Nachdem das Finanzamt den Einspruch gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung zurückgewiesen hatte, begehrte der Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO die AdV durch das Gericht. Er trägt zur Begründung vor, die erworbenen Flächen in den H, ausgenommen die in der Gemarkung K, seien alter Familienbesitz....