rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtigkeit eines Einheitswertsbescheides wegen fehlender Klarheit über den Bewertungsgegenstand. Keine Bindung an den Klageantrag bei Nichtigkeit. Verfahren der Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die wirtschaftliche Einheit, auf die sich die bewertungsrechtliche Feststellung gemäß § 2 Abs. 1 BewG zu beziehen hat, muss zweifelsfrei bestimmt sein.

2. Das ist nicht der Fall, wenn im Tenor eines Einheitswertbescheids Flurstücke benannt werden, welche nur zum Teil erworben wurden bzw. erworbene Flurstücke gänzlich unerwähnt bleiben und die Aufzählung des Bewertungsgegenstandes mit der Ergänzung „u.a.” endet. Ein Einheitswertbescheid, dessen Tenor nicht entnommen werden kann, welchen Bewertungsgegenstand die Feststellung betrifft, ist nichtig.

3. Die in § 96 Abs. 1 S. 2 FGO geregelte Bindung an das Klage- bzw. Antragsbegehren greift bei der Aufhebung nichtiger Bescheide nicht ein.

 

Normenkette

AO § 125 Abs. 1; BewG 1991 § 2 Abs. 2, 1 S. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 2, § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Einheitswertbescheides auf den 1. Januar 2009 vom 15. Mai 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2012 wird bis einen Monat nach Abschluss des Klageverfahrens 6 K 1419/12 ausgesetzt.

2. Soweit die Vollziehung in etwaigen Folgebescheiden bereits erfolgt ist, wird diese – auch hinsichtlich der Verwirkung von Säumniszuschlägen – aufgehoben.

3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Bewertung von Grundvermögen.

Die Antragstellerin erwarb mit notarieller Urkunde vom 31. Juli 2008 eine Teilfläche des Geländes der ehemaligen G.-Kaserne L.. Als Verkäuferin trat die B. auf, der die Immobilie laut Kaufvertrag aufgrund ihrer Verwaltungsvereinbarung mit der B. gehörte. Das Kasernengelände erstreckte sich über mehrere Flurstücke der Gemarkungen N. und P.. Die zur Kaserne gehörenden Flurstücke 1425/1, 1223/3,1230/1 und …1231/2 lagen in der Gemarkung N. und hatten eine Fläche von insgesamt 648.371 qm, die Flurstücke … 1034/2, 1033/1, 1002/2 und …954/1 erstreckten sich zusammen über 359.439 qm und gehörten zur Gemarkung P.. Die Antragstellerin erwarb zum Preis von 525.000,– EUR einen in der Mitte des Geländes gelegenen Grundstücksteil von 346.525 qm, auf dem sich die Mehrzahl der Kasernengebäude befanden. Zum Kaufgegenstand gehörten herausvermessene Teilflächen der Flurstücke 1223/3, 1230/1 und 1231/2 … Gemarkung N.) sowie die Flurstücke 1034/2, 1033/1 und 1002/2 (Gemarkung P.). Die übrigen Flächen des Kasernenlandes – unter anderem das Flurstück…1425/1– verblieben bei der Verkäuferin. Nach den Angaben in den Steuerakten war die militärische Nutzung der Kaserne bereits im Jahr 2005 eingestellt worden.

Auf den Stichtag 1. Januar 2006 erließ der Antragsgegner am 31. März 2010 einen Nachfeststellungsbescheid „für die B. verwaltung –”. Dort stellte er „für das Grundstück in N., Gemarkung N., Flurstücks-Nr. …1223/3, 1230/1, 1231/2, Flur 1425/1” … einen Einheitswert von 883.052,– EUR fest. Der Bescheid enthält eine Berechnung des Einheitswertes, die aus der Ermittlung eines Bodenwertes für eine Grundstücksfläche von 346.525 qm sowie aus der Ermittlung von Gebäudewerten für 28 Gebäude besteht. Am 8. Juli 2011 erließ der Antragsgegner gegenüber der Bundesrepublik Deutschland einen geänderten Nachfeststellungsbescheid auf den 1. Januar 2006, nunmehr bezogen auf „das Grundstück in N., Gemarkung L., Flurstücks-Nr. …1223/3, 1230/1, 1231/2 Flur 1425/1 u.a.”, in dem er für eine Fläche von 346.525 qm und 27 Gebäude einen Einheitswert von insgesamt 795.672,– EUR feststellte.

An die Antragstellerin erging unter dem 15. Juli 2011 ein Einheitswertbescheid auf den Stichtag 1. Januar 2009. In diesem nahm der Antragsgegner „für das Grundstück in N., Gemarkung L., Flurstücks-Nr. …1223/3, 1230/1, 1231/2 Flur 1425/1 u. a.” eine Zurechnungsfortschreibung auf die Antragstellerin vor und führte aus, der Einheitswert betrage wie bisher 795.672,– EUR. Am 25. Januar 2012 erließ er gegenüber der Antragstellerin für den wiederum mit „Grundstück in N., Gemarkung L., Flurstücks-Nr. 1223/3, 1230/1, 1231/2 Flur 1425/1 u. a.” bezeichneten Bewertungsgegenstand eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2009. Darin stellte er für eine Grundstücksfläche von 116.715 qm und 27 Gebäude einen Einheitswert von insgesamt 750.985,– EUR fest. Im Erläuterungstext führte er aus, ein Teil der Gesamtfläche von 346.525 qm sei der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet worden, so dass 116.715 qm als Grundvermögen verblieben. Im Einspruchsverfahren gegen diesen Bescheid änderte der Antragsgegner die Feststellung am 15. Mai 2012 dahingehend, dass er für den genannten Bewertungsgegenstand nunmehr einen Einheitswert von insgesamt 604.500,– EUR feststellte. Dieser setzte sich zusammen aus dem Bodenwert für 116.715 qm sowie einem Gebäudewert für 25 Gebäude. Im Übrigen blieb das Einspruchsverfahren ohne Erfolg.

Die Antragstellerin hat fristgemäß Kla...

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