Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung

 

Tenor

1. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 20. Dezember 1995 wird in vollem Umfang ausgesetzt.

Die Aussetzung der Vollziehung erfolgt ab dem 19. Februar 1999 bis zum Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung.

2. Die Kosten werden dem Antragsgegner auferlegt.

3. Der Streitwert wird auf DM 3.440,– festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) daran bestehen, daß die „Umwandlung” einer Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) in eine eingetragene Genossenschaft (eG) Grunderwerbsteuer auslöst.

Die Antragstellerin ist durch „Umwandlung” der PGH des … entstanden. Die PGH wurde am … Oktober 1958 gegründet, die Eintragung erfolgte zunächst im PGH-Register beim Rat des Kreises. Mit Errichtung eines neuen Statutes am … November 1990 wurde die Umwandlung der PGH in eine eingetragenen Genossenschaft veranlaßt. Die Eintragung in das Genossenschaftsregister des Amtsgerichts Chemnitz erfolgte am … Dezember 1991. Der Antragsgegner setzte daraufhin mit Bescheid vom 20. Dezember 1995 Grunderwerbsteuer in Höhe von 34.400 DM fest. Hierbei wurden die vorläufigen Einheitswerte der in Zwickau belegenen Grundstücke … und … als Bemessungsgrundlage in Ansatz gebracht.

Die Antragstellerin hat gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt. In dem noch nicht abgeschlossenen Rechtsbehelfsverfahren ist sowohl die Erhebung der Grunderwerbsteuer dem Grunde nach als auch die Höhe der Bemessungsgrundlage streitig. Der Antragsgegner hat die zunächst gewährte Aussetzung der Vollziehung mit Verwaltungsakt vom 19. Februar 1999 aufgehoben.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Grunderwerbsteuerbescheid sei rechtswidrig, da § 5 Abs. 1 Satz 2 der PGH-Verordnung vom 08. März 1990 (PGH-VO) eine eigenständige Befreiungsvorschrift enthalte. Außerdem ergebe sich aus der Entscheidung des BFH vom 27.

März 1996 (BStBl II 1996, 40) keineswegs, daß die Umwandlung einer PGH in eine eingetragene Genossenschaft übertragender Natur sein müsse. Schließlich sei die Bemessungsgrundlage zu hoch angesetzt. Sie sei nicht anhand der Einheitswerte, sondern anhand der Boruttauschen Formel zu ermitteln.

Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 20. Dezember 1995 auszusetzen, hilfsweise die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt die Ablehnung des Antrags.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides sei nicht ernstlich zweifelhaft. Der im Zuge der Umwandlung erfolgte Übergang des Eigentums an den Grundstücken auf die Antragstellerin unterliege nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer. Bei der Umwandlung einer PGH/ELG in eine eingetragene Genossenschaft handele es sich nicht um eine Form wechselnde, sondern um eine übertragende Umwandlung. Nach § 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 PGH-VO habe die Eintragung der neu errichteten Gesellschaft in das Genossenschaftsregister die Rechtsfolge, daß diese Rechtsnachfolgerin der umgewandelten PGH werde und die vor der Umwandlung bestehende PGH dauerhaft erlösche. Dies kennzeichne den Wechsel des Rechtsträgers. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage trägt der Antragsgegner vor, die von der Antragstellerin errechnete Bemessungsgrundlage sei viel zu niedrig angesetzt, da bei der Anwendung der Boruttauschen Formel die Sonderrücklagen gemäß §§ 17 Abs. 4 und 27 Abs. 2 DM-Bilanzgesetz (DMBilG) nicht berücksichtigt worden seien. Im übrigen wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist begründet.

Gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn die in § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO genannten Voraussetzungen vorliegen. Ernstliche Zweifel, die nach § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtslage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluß vom 10. Februar 1967, BStBl III 1967, 182).

Solche ernstlichen Zweifel hat der Senat hinsichtlich der Frage, ob die „Umwandlung” einer PGH/ELG in eine eingetragene Genossenschaft übertragender oder formwechselnder Natur ist oder gar nur eine bloße Satzungsänderung darstellt (vgl. hierzu Beschluß des Sächsischen Finanzgerichts vom 18. Dezember 1997, EFG 1998, 583). Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe dieses Beschlusses Bezug genommen.

Weiterhin bestehen bei der gebotenen summarischen Prüfung jedenfalls ernstliche Zweifel an...

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