rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Kaufpreisminderung durch Eigenprovision
Leitsatz (redaktionell)
Wird am Tag vor Abschluss des Kaufvertrages über den Erwerb von noch zu errichtenden Eigentumswohnungen vereinbart, dass mit Abschluss der Grundstückskaufverträge ein Anspruch auf Zahlung einer Provision besteht, deren Zahlung zur Kaufpreisminderung und innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss der Kaufverträge tatsächlich erfolgt, mindert die Provisionszahlung gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG die Grunderwerbsteuer.
Normenkette
GrEStG § 16 Abs. 3 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Grunderwerbsteuerbescheide des Beklagten vom 13.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2010 werden dahin geändert, dass die Bemessungsgrundlage um insgesamt 63.991,91 EUR gemindert wird, nämlich für die Wohnung Nr. 1 um 12.044,77 EUR, für die Wohnungen Nr. 2 und 3 um 33.439,96 EUR und für die Wohnung Nr. 4 um 18.515,18 EUR.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung von Grunderwerbsteuer auf den Kauf dreier Eigentumswohnungen.
Die Klägerin erwarb von der M. GmbH als Bauträger insgesamt 3 noch zu errichtende Eigentumswohnungen. Die Kaufverträge wurden am 18.08.2009 in notarieller Form geschlossen (vgl. Auszug aus UR-Nr. A) des Notars R. in E., Bl. 1 ff. der Grundsteuerakte des Beklagten). In § 3 der Kaufverträge ist ein Kaufpreis von 131.298,23 EUR, 364.283,41 EUR und 201.718,27 EUR bestimmt. Die Auflassung wurde gemäß § 13 des Kaufvertrages erklärt und zur Sicherung des Übereignungsanspruchs die Eintragung einer Vormerkung gemäß § 12 des Kaufvertrages bewilligt. In § 17 ist bestimmt, dass der Käufer die Grunderwerbsteuer übernimmt. Schon am 17.08.2009 hatten die Vertragsparteien schriftlich „aus Anlass dieses Erwerbsvorgangs” vereinbart, dass die Klägerin mit dem formgültigen Abschluss der Wohnungseigentumskaufverträge gegenüber dem Verkäufer „einen Anspruch auf Zahlung einer Provision in Höhe von 63.999,91 EUR” erwerbe. Weiter heißt es: „Diese Provision stellt aufgrund der fehlenden Gegenleistung des Käufers an den Verkäufer wirtschaftlich eine Kaufpreisminderung in Form einer sog. Eigenprovision dar (vgl. BFH-Urt. Vom 16.03.2004, Az. IX R 46/03).” (vgl. Bl. 20 der Grundsteuerakten des Beklagten).
Die Klägerin zahlte die notariell beurkundeten Kaufpreise vollständig vertragsgemäß nach Baufortschritt im Zeitraum von Oktober 2009 bis Mai 2010. Die Auszahlung der „Eigenprovision” an die Klägerin erfolgte in zwei Raten von November 2009 bis Februar 2010, wobei der jeweilige Betrag für die Wohnungen 1), 4) sowie gemeinsam 2) und 3) nach dem Anteil der Einzelkaufpreise am Gesamtkaufpreis bemessen wurde. Die Klägerin erbrachte keine weitere Leistung neben der Kaufpreiszahlung. Sie wurde am 31.08.2010 als Eigentümerin in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher eingetragen. Der Beklagte setzte mit den angegriffenen Bescheiden vom 13.10.2009 die Grunderwerbsteuer nach den notariell beurkundeten Kaufpreisen fest. Die Klägerin teilte hierauf die Vereinbarung über die Provisionszahlung dem Beklagten mit Schreiben vom 19.10.2009 mit (Bl. 19 ff. der Grundsteuerakten des Beklagten) und beantragte die Änderung der Steuerbescheide wegen entsprechender Herabsetzung der Bemessungsgrundlage. Der Beklagte behandelte den Antrag als Einspruch gegen die Grundsteuerbescheide und wies diese mit Einspruchsentscheidung vom 28.06.2010 (Bl. 47 der Einkommensteuerakten des Beklagten) zurück.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe die Steuer gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG wegen der tatsächlich erfolgten Minderung des Kaufpreises um insgesamt 63.991,91 EUR nach dem im Ergebnis geleisteten Kaufpreis zu bemessen. Der Veräußerer habe bei der Kaufpreisbestimmung das Preisgefüge im Verhältnis zu seinen sonst durch Fremdvermittlung vertriebenen Immobilien nicht verletzen wollen. Deshalb sei die Kaufpreisherabsetzung separat vereinbart und vollzogen und nicht in die notariellen Kaufvertragstexte eingearbeitet worden.
Die Klägerin beantragt,
die Grunderwerbsteuerbescheide des Beklagten vom 13.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2010 dergestalt zu ändern, dass die insgesamt auf alle die Erwerbe in Summe gezahlte Provision die Bemessungsgrundlage um 63.991,91 EUR mindert.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Er hält die notariell beurkundete Kaufpreishöhe als Gegenleistung des Käufers für die zutreffende Bemessungsgrundlage. Hätten die Vertragsparteien tatsächlich von Anfang an einen geringeren als den jeweils notariell beurkundeten Kaufpreis vereinbaren wollen, so habe es ihnen freigestanden, dies auch in ihren notariell beurkundeten Willenserklärungen zum Ausdru...