Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbliche Prägung einer Freiberufler-GbR. Einheitlichkeit der Betätigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einkünfte einer Freiberufler-GbR sind als solche aus Gewerbebetrieb anzusehen, wenn die Gesellschaft neben der freiberuflichen Betätigung in nicht unerheblichem Umfang Strom erzeugt und gegen Entgelt in das öffentliche Versorgungsnetz abgegeben hat.
2. Beide Tätigkeitsbereiche der GbR (Planung, Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen einerseits, Stromerzeugung mittels einer eigenen Windkraftanlage andererseits) bedingen sich nicht gegenseitig und sind demzufolge voneinander getrennt zu betrachten, wenn sie jeweils gegenüber anderen Vertragspartnern erbracht werden und ohne bedeutsame Einschränkungen eine der beiden Tätigkeiten aufgegeben und nur noch die andere durchgeführt werden könnte.
3. Die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG greift wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur dann nicht durch, wenn der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit äußerst gering ist. Davon ist jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn der Anteil der gewerblichen Tätigkeit einen Anteil von über 20 % des Gesamtumsatzes ausmacht. Darauf, ob der Gewinn aus der gewerblichen Tätigkeit den Freibetrag des § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG erreicht, kommt es nicht an.
Normenkette
EStG 1997 § 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG 1991 § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1; GewStG 1999 § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin in den Jahren 1997 bis 1999 Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Tätigkeit erzielt hat.
Die mit Gesellschaftsvertrag vom 01.05.1995 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründete Klägerin betreibt ein Unternehmen, dessen Gegenstand laut dem genannten Gesellschaftsvertrag die Planung, die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen zur umweltfreundlichen Stromerzeugung ist. Sämtliche Gesellschafter der Klägerin verfügen über eine Qualifikation als Diplom-Ingenieur bzw. als Diplom-Wirtschaftsingenieur. Sie fertigt für ihre Kunden die Planung zur Erstellung einer Windkraftanlage, welche sich diese dann durch Drittunternehmen errichten lassen.
In den Jahren 1996 bis August 2000 betrieb die Klägerin eine eigene Windkraftanlage, die an das öffentliche Versorgungsnetz der Stadtwerke L. GmbH angeschlossen war. Über die reine Einspeisung des Stromes hinaus vereinbarte die Klägerin mit den Stadtwerken, dass diese gegen ein zusätzliches Entgelt in Höhe von 30.000,00 DM im ersten Vertragsjahr und 10.000,00 DM in den folgenden Vertragsjahren zum Abrufen, Auswerten und Darstellen von Daten berechtigt sein sollte. Der Betrieb dieses zum damaligen Zeitpunkt wenig erprobten Modells der Windkraftanlage diente der Klägerin auch zur Informationsgewinnung zum Zwecke der Anlagenoptimierung und zu Demonstrationszwecken gegenüber potentiellen Auftraggebern hinsichtlich der Planungsleistungen der Klägerin, um durch den Dauerbetrieb die Möglichkeiten der Stromerzeugung und damit die Rentabilität der Anlage nachweisen zu können.
Die Klägerin erzielte im Jahr 1997 Gesamteinnahmen in Höhe von 583.288,15 DM, im Jahr 1998 in Höhe von 600.180,07 DM und im Jahr 1999 in Höhe von 329.705,30 DM. Von diesen Gesamteinnahmen entfielen im Jahr 1997 143.288,15 DM, also 24,57 %, im Jahr 1998 220.180,07 DM, also 36,69 % und im Jahr 1999 182.061,66 DM, also 55,22 %, auf die Energielieferung durch das Windkraftwerk. Weiter erzielte sie im Jahr 1997 einen Gesamtgewinn in Höhe von 1.149,00 DM, im Jahr 1998 von 301.861,00 DM und im Jahr 1999 von -270.161,00 DM. Hiervon entfielen im Jahr 1997 -620.095,82 DM, im Jahr 1998 8.139,06 DM und im Jahr 1999 9.088,42 DM auf den Bereich der Energielieferung.
Im August 2000 gründeten die Gesellschafter der Klägerin eine Kommanditgesellschaft, in welche die Windkraftanlage zu Buchwerten eingebracht wurde und welche seitdem die Anlage betreibt.
Der Beklagte stellte für die Jahre 1997, 1998 und 1999 im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Darüber hinaus erließ der Beklagte für die Streitjahre Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag sowie Feststellungsbescheide über den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12. des jeweiligen Jahres. Die gegen diese Bescheide erhobenen Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 29.03.2001 als unbegründet zurück.
Die Klägerin meint, dass die von ihr in den Streitjahren erzielten Einkünfte als solche aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG zu qualifizieren seien. Die Stromerzeugung mittels der Windkraftanlage habe allein dazu gedient, Umsätze im Bereich der Ingenieurtätigkeit zu erzielen, und sei daher lediglich ein Nebenzweck derselben und mit ihr untrennbar verbunden. Nur durch den Dauerbetrieb der Anlage habe die Klägerin Informationen zur Anlagenoptimierung gewinnen sowie potentielle...