Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberatungssachen (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger hatte seine Ausbildung zum Gehilfen in wirtschafts- und steuerberatenden Berufen sowie die berufliche Tätigkeit bis zum Februar 1990 ausschließlich in den alten Bundesländern absolviert; danach leitete er in L. eigenverantwortlich die Niederlassung einer Steuerberatungsgesellschaft. Die Bezirksverwaltungsbehörde L. bestellte den Kläger am 15. Oktober 1990 „gemäß der Steuerberatungsordnung vom 27. Juni 1990” als Steuerbevollmächtigten. Die Beklagte (die Oberfinanzdirektion C. – OFD–) teilte dem Kläger mit Schreiben vom 9. März 1992 mit, daß sie die Rücknahme der rechtswidrigen Bestellung beabsichtige; die Rücknahme erfolgte durch Bescheid vom 8. Februar 1994. Während der Dauer des Einspruchsverfahrens hat der Kläger am 12. Juni 1995 die mündliche Übergangsprüfung gemäß § 40a Abs. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) bestanden. Nach Erhebung der Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 19. September 1996 hat er ebenso mit Erfolg den schriftlichen Teil der Prüfung absolviert.
Mit seiner Klage macht der Kläger im wesentlichen geltend, er habe seinen Antrag auf Zulassung als Helfer in Steuersachen im Juni 1990 der Bezirks Verwaltungsbehörde L. vorgelegt; Lebenslauf, Kopien sämtlicher Zeugnisse und ein Nachweis über seine bisherige berufliche Tätigkeit seien beigefügt gewesen. Im Hinblick auf die angekündigte Prüfungsbefreiung habe er noch im Juli 1990 weitere Arbeitgeberbescheinigungen eingeholt. Aus den Unterlagen sei leicht erkennbar gewesen, daß er Bürger der Bundesrepublik war und daß es sich bei seinen Tätigkeiten ausschließlich um solche auf dem Gebiet des bundesrepublikanischen Steuerrechts gehandelt hat. Er habe auf die Auskünfte der Bezirksverwaltungsbehörde vertraut und habe bei seiner Bestellung davon ausgehen können, daß man ihn wie angekündigt von der Prüfung befreit hatte. Im übrigen habe er sich zur Zeit der Bestellung auch mehrfach stationär in ärztlicher Behandlung befunden, so daß er sich um die genauen rechtlichen Voraussetzungen gar keine Gedanken habe machen können.
Nach § 70 Abs. 1 der Steuerberatungsordnung vom 27. Juni 1990 (StBerO; GBl DDR Sonderdruck Nr. 1455) habe sich die Bestellung zum Steuerbevollmächtigten grundsätzlich nach der Anordnung des Ministers der Finanzen der DDR über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern (MdF-AnO) vom 7. Februar 1990 (GBl DDR I Nr. 12 S. 92) gerichtet. In § 1 Buchstabe a MdF-AnO sei aber nur vom diffusen Begriff des „Bürgers” die Rede. Erst durch die „Berichtigung” vom 27. August 1990 (GBl DDR I Nr. 55 S. 1257) sei das Erfordernis der DDR-Staatsbürgerschaft eingefügt worden. Diese „Berichtigung” sei jedoch null und nichtig, da sie nicht vom allein hierfür zuständigen Ministerrat veranlaßt worden sei.
Es sei auch absurd, nach der Wiedervereinigung noch eine Eignungsprüfung vor einer Prüfungskommission mit dem Schwerpunkt „DDR-Steuerrecht” zu verlangen. Es sei für alle Beteiligten augenfällig gewesen, daß das DDR-Steuerrecht gegenüber dem westdeutschen Steuerrecht in den Hintergrund getreten sei. Es komme hinzu, daß § 2 Abs. 2 Buchstabe b Satz 2 MdF-AnO die Befreiung von der Eignungsprüfung vorsah. Eine Form für die Befreiung sei nicht vorgeschrieben; sie habe auch konkludent erfolgen können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. November 1996 VII R 36/96, BFH/NV 1997, 266). Hiernach könne dem Kläger kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß er in der Bestellung zumindest die konkludente Befreiung von der Prüfung angenommen habe.
Die Bestellung des Klägers zum Steuerbevollmächtigten weise keinen Vorläufigkeitsvermerk auf. § 19 StBerO sehe auch nicht die Möglichkeit einer nur vorläufigen Bestellung vor. Zwar gälten gemäß § 40a Abs. 1 Satz 1 StBerG alle nach dem 6. Februar 1990 aufgrund des Steuerberatungsrechts der DDR bestellten Steuerbevollmächtigten als vorläufig bestellt; aber auch hier gelte der Grundsatz, daß es nicht darauf ankomme, was die Bestellungsbehörde gewollt habe bzw. was rechtmäßig gewesen wäre, sondern was dem Empfänger des Verwaltungsakts gemäß § 124 der Abgabenordnung (AO 1977) erkennbar gewesen sei.
Da Grundlage der Bestellung die StBerO gewesen sei, könne die Rücknahme bzw. der Widerruf derselben nur aus den in § 22 StBerO genannten Gründen möglich sein. Solche Gründe lägen hier jedoch nicht vor. Soweit sich die Rücknahme aber nach den Vorschriften des StBerG richte, sei fraglich, ob die Rücknahme der Bestellung über § 46 StBerG oder über § 164a StBerG i.V.m. § 130 AO 1977 zu erfolgen habe. Es erscheine problematisch, den Widerruf der Bestellung aufgrund einer Rechtsgrundlage durchzuführen, die erst einige Monate, wenn nicht sogar Jahre nach der Bestellung zu einem Zeitpunk...